Dezember 1929: Im Namensstreit flogen im Ratssaal die Fäuste
Die Vorschläge für die neue Großstadt reichten von Barmerfeld bis Hungerstadt.
Wuppertal. Es ist hoch her gegangen bei der Sitzung des Stadtparlaments am 20. Dezember 1929. Der General-Anzeiger berichtete damals: „In der von-der-Heydt-Gasse scharren die Pferdehufe eines Fähnleins berittener Schutzpolizisten. Auf einem Lastwagen sitzt ein weiteres Kommando Beamter. Das Rathaus ist ebenfalls bewacht. Beim Aufgang zum Sitzungssaal passiert man mehrere Sperren von Uniformierten und Kriminalbeamten.“ Während der Sitzung hätten gar „die sehnigen Fäuste von vier Beamten eingreifen“ müssen, um die Wogen zu glätten.
Die Politiker wählten dabei nicht nur ihren neuen Oberbürgermeister (Dr. Paul Hartmann), sondern entschieden auch über den Namen für ihre Stadt, die nach der kommunalen Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets am 1. August 1929 zunächst „Barmen-Elberfeld“ hieß und die Orte Barmen, Elberfeld, Ronsdorf, Cronenberg und Vohwinkel sowie Beyenburg aus dem Landkreis Lüttringhausen umfasste.
Folgende Vorschläge waren zusammengetragen worden: Barmen-Elberfeld, Elberfeld-Barmen, Barmen-Elberfeld-Vohwinkel, Barmenelb, Elbbarmen, Wupperstadt, Wupperberg, Wupperhausen, Bergmark, Bergstadt, Talberg, Großwupp, Wupperalis, Bergland, Barmerfeld oder Baelvort. Letzterer Vorschlag war angeblich die Abkürzung für „Barmen-Elberfeld vereinigter Ort“. „Dafür habe ich aber nie eine verlässliche Quelle gefunden“, sagt der Stadthistoriker Michael Okroy. Aus den Reihen der KPD kam außerdem der Vorschlag „Hungerstadt“, der aber schnell wieder verworfen wurde.
Die Mehrheit einigte sich schließlich auf den Namen Wuppertal, der keine der ehemals selbstständigen Städte hervorhob, sondern sich am gemeinsamen Fluss orientierte. Durch Erlass des Preußischen Staatsministeriums wurde „Barmen-Elberfeld“ am 25. Januar 1930 dann offiziell zu Wuppertal. Umstritten blieb das trotzdem: Wie sollten sich Ronsdorfer und Cronenberger mit dem „Tal“-Namen anfreunden?
Die Anteilnahme der Bevölkerung an der Namensfindung war groß gewesen. Trotz der Weltwirtschaftskrise die durch den Zusammenbruch der New Yorker Börse am 25. Oktober 1929 ausgelöst wurde und durch die etliche Bürger Arbeit, Hab und Gut verloren. Das zeigt, wie sehr den Neu-Wuppertalern ein passender Name für ihre Stadt am Herzen lag.
Dass sich viele der rund 400 000 Bürger in den fünf ehemals selbstständigen Städten mit dem neuen Namen nicht abfinden wollten, belegen Forderungen, die drei Jahre später, unter nationalsozialistischer Regierung, laut wurden: Den Anfang machte der Ronsdorfer Bürger- und Verkehrsverein, der am 20. Februar 1933 die kommunale Selbstständigkeit des Stadtteils forderte. Am 3. April beschloss dann der Haus- und Grundbesitzerverein Cronenberg, sich für die Ausgemeindung Cronenbergs aus Wuppertal einzusetzen. Der Bürgerverein Vohwinkel-Weststadt schloss sich mit dem gleichen Begehren an.
Die Cronenberger reimten sogar: „Die Eingemeindung, hohe Steuern/ Euch bringt sie keinen Trumpf/ denn alle Waren werden teurer/ drum Cronenberg ist Trumpf.“
Doch die preußische Regierung blieb hart. Außer der Trennung der bereits fusionierten Städte München-Gladbach (später Mönchengladbach) und Rheydt ließ sie keine Korrektur der kommunalen Grenzen im rheinisch-westfälischen Industriegebiet zu.
Die Diskussion verebbt schließlich, als die Wuppertaler im Laufe der 1930er Jahre mit Problemen von ganz anderer Tragweite konfrontiert wurden.