90 Wuppertaler Jahre Die Bergische Sonne: 20 Jahre Badespaß und rote Zahlen
Wuppertal · Die Bergische Sonne ist als Ruine geendet, die sich als Drehort für postapokalyptische Filmsequenzen eignen würde. Bei der Eröffnung hätte sich das wohl noch niemand so ausgemalt.
Die Bergische Sonne übt mehr als sieben Jahre nach ihrer Schließung noch immer eine große Anziehungskraft auf junge Leute aus. Doch während früher Wellenbad und Piratenschiff die Argumente für den Besuch lieferten, finden Eindringlinge heute den Reiz darin, das einstige Spaßbad auseinander zu nehmen. Im Internet kursieren Videos und Fotos, die zerbrochene Scheiben und vollgesprühte Felsformationen zeigen. Die Bergische Sonne endete als Ruine, die sich heute als Drehort für postapokalyptische Filmsequenzen eignen würde. Die Stadt will zeitnah abreißen.
1992 bei der Eröffnung hätte sich das wohl noch niemand so ausgemalt. Freizeitbäder lagen im Trend und eine Investorengesellschaft ließ voller Zuversicht eine Bade- und Saunaoase auf dem ehemaligen Straßenbahnbetriebshof Kapellen errichten. Noch heute schwärmen Wuppertaler von ihren Badeerlebnissen. Etwa Hille Appelt, die der WZ schrieb: „Es war für jeden was dabei, Oasen mit vielen Grünpflanzen, Strandfeeling mit Restaurant, Wasserschildkröten im Eingangsbereich, schwimmen in Grotten mit Wasserfall – großartig!“
Während man sich heute immer wieder gerne erzählt, dass es der Bergischen Sonne in den 90er Jahren noch bestens ging, weiß Hans M. Stephan, der ehemalige Geschäftsführer der Investoren- und Betreibergesellschaft, dass hinter den Kulissen von Anfang an gekämpft wurde. „Das Bad war nie erfolgreich“, sagt Stephan. „Soweit ich weiß, wurden nie schwarze Zahlen geschrieben.“ Die Ausstattung des Spaßbades sei von Anfang an zu ambitioniert, zu kostspielig gewesen. „Die Felslandschaft beispielsweise wurde nach dem Vorbild einer großen Badeanlage aus den USA nachgebaut“, erinnert sich Stephan.
Die Bergische Sonne hatte auch immer das Problem, dass die Konkurrenz mehr zu bieten hatte. Am Anfang gab es noch nicht einmal eine Röhrenrutsche. Doch auch die Nachrüstung oder eine Marketing-Aktion, bei der sich Gäste auf einer Insel des Bades Autogramme von Borussia Dortmund-Spielern abholen konnten, brachte das Bad nicht aus der Krise.
Besucher klagten über Rost
und tropfende Decken
„Irgendwann gab es einen riesigen Sanierungsstau“, sagt Stephan. Den Gästen blieb der Verfall nicht verborgen. Die Schildkröten im Eingangsbereich schwammen irgendwann mit dem Bauch nach oben. Überall trübte Rost und Vandalismus den Badbesuch. Das wurde auch nicht besser als die Bergische Sonne an eine neue Unternehmerin verkauft wurde und mit dem Zusatztitel „Water World“ an den Start ging.
Kurz bevor die Betreiber-GmbH im Dezember 2009 in die Insolvenz ging, rieten Gäste in vernichtenden Online-Bewertungen vor einem Besuch in der Bergischen Sonne ab. Ein Besucher schrieb: „Das Bad ist eine reine Katastrophe. Es fängt im Umkleidebereich an, wo aufgeschnittene Kanister das von der Decke tropfende Wasser auffangen.“ Ein weiterer Kommentator orakelte bereits im Februar 2009: „Das Bad steht offenbar kurz vor der Insolvenz.“
Stadtdirektor Johannes Slawig erinnert sich ebenfalls an die Badebesuche aus der Zeit: „Es war hinterher immer so kühl dort. Als wenn man die Heizung nicht mehr aufgedreht hätte.“ Im November vor der Insolvenz blieb das Bad sogar einen Tag geschlossen. Wegen überfälliger Rechnungen hatten die Stadtwerke das Bad abgeklemmt.
Dann ein letztes Aufbäumen: 2010 investierten die neuen Eigentümer Nadine Ayachi und Haluk Demirci rund fünf Millionen Euro in das Spaßbad und führten die notwendigen Renovierungen durch. Doch am Ende fanden nur noch rund 1000 Gäste monatlich den Weg ins eigentliche Spaßbad - eine Halbierung der Spitzenzahl von damals. Nur der große Saunabereich wurde noch gut angenommen. Deshalb ließen die Betreiber auch Anfang 2012 erstmal nur das Wasser aus den Becken und versuchten die Bergische Sonne als Saunaparadies am Leben zu halten. Am 4. Juli 2012 gingen die Lichter ganz aus.
Und sie gingen auch nie wieder an. 2013 stieg die Novum Group ein, die an der Stelle der Bergischen Sonne ein Wellnesshotel mit 150 Zimmern errichten wollte. „Ende 2015“ wollte man mit dem neuen Konzept an den Start gehen. Die Bergische Sonne wechselte nochmal den Besitzer zur Finader GmbH und – da schließt sich ein Kreis – zu Hans M. Stephan, der die Immobilie auch aus alter Verbundenheit gerne als Makler betreute. Mitte 2018 kaufte die Stadt das leerstehende Spaßbad – Endstation. Die Skulptur „Bergische Sonne“ von Künstler Klaus Rinke gab es gratis dazu. Sie glänzt heute nicht mehr.