Die meisten unterrichten, die wenigsten dirigieren eine Oper
Hildegard Schön ist die erste Professorin für Ensembleleitung am Wuppertaler Standort der Hochschule für Musik und Tanz.
Jedes Ding hat drei Seiten, besagt eine chinesische Weisheit. Hildegard Schön kann das bestätigen — jedenfalls was ihren Beruf, ihre Berufung angeht. Die neue Professorin für Ensembleleitung am Wuppertaler Standort der Hochschule für Musik und Tanz Köln kann (und soll) künstlerisch und pädagogisch arbeiten, sowohl Orchester dirigieren und das Dirigieren vermitteln als auch pädagogische Erfahrungen und Impulse an die Studierenden weitergeben. Als dritte, langfristige Aufgabe kommt der Aufbau eines Ensemblenetzwerks mit der Hochschule als Ankerpunkt hinzu.
„Das deckt sich mit der Vielfalt, die ich mitbringe. Ich kann mir das Künstlerische nicht ohne das Pädagogische vorstellen und umgekehrt. Das bedingt sich gegenseitig“, freut sich die 40-Jährige und ergänzt: „Ich musste mich einfach bewerben, das ist meine Stelle.“ Ab Januar stellte sie das Konzept für ihre Lehrveranstaltungen zusammen; gestern, mit dem Beginn des Sommersemesters, startete der Unterricht — zuerst im Hochschulgebäude und dann, vis—à-vis im Gymnasium an der Sedanstraße.
Lange hatte der Geschäftsführende Direktor der Musikhochschule, Professor Dr. Lutz-Werner Hesse, mit einer weiteren Stelle im Bereich der Ensembleleitung geliebäugelt. Werden in Wuppertal doch traditionell vor allem Kräfte ausgebildet, die später selber in der Musikerausbildung aktiv sind und weniger Dirigenten von Profiorchestern oder Opern. 2016/2017 und im Zuge der Profilbildung innerhalb der drei Hochschul-Standorte (Köln, Aachen, Wuppertal) kam endlich die nötige Finanzierung durch das Land. Aus etwa 30 Bewerbern wurde schließlich Hildegard Schön ausgewählt. Hesse freut sich über den Zuwachs „in einer Zeit, da man darum kämpfen muss, dass Stellen nicht abgebaut werden“. 180 Studierende besuchen die Hochschule, Ensembleleitung lehrten bislang andere Dozenten mit, das wird nun anders. Hesse: „Wir wollten und kriegten einen ausgebildeten Kapellmeister, der einschlägige Erfahrungen mit Orchestern und Opern sowie Laienensembles mitbringt.“
Hildegard Schön wuchs in der Nähe von Regensburg auf, lernte als Kind Klavier und Geige. Sie studierte in München und Frankfurt am Main, ist seit 2007 diplomierte Orchesterdirigentin. Schon während des Studiums baute sie ihren Einsatz in der Ensembleleitung aus. Ihr Berufsleben gestaltete sie vielfältig: Sie dirigierte Orchester und Opern, entwickelte Musikprojekte und Konzertformate, war Gründungsdirigentin der Filmfoniker, die sich der Filmmusik verschrieben haben, leitete verschiedene professionelle und Laien-Orchester, kooperierte mit Musikschulen und Gymnasien. So kam sie 2013 mit einem Kölner Ensemble auch nach Wuppertal, war schon damals von der Musikhochschule angetan.
Für den Wechsel von der bayerischen Weltstadt in die „sehr interessante, zentral gelegene“ Stadt im Tal, die „auf den zweiten Blick“ ihre Reize ausspielt, lässt sich Hildegard Schön Zeit. Erstmal muss sie sich organisieren, die Familie wird mittelfristig nachgeholt. Als Musikerin sei ihr das (Hin- und Her-)Reisen eh vertraut.