Corona-Krise in Wuppertal Die Tafel muss wegen Coronavirus schließen
Vorsitzender Wolfgang Nielsen: „Das Jubiläum ist kein Grund zu feiern“
Die Wuppertaler Tafel hat am Mittwoch alle ihre Einrichtungen infolge der Corona-Pandemie vorübergehend geschlossen. Sowohl die Kantine am Kleinen Werth als auch die Kindertafel, der Taffelladen am Rauen Werth und das Sozialmobil seien davon betroffen, teilt der Vorstand mit. Mit Blick auf den Tafelladen und das Sozialmobil heißt es: „Für beide Aktivitäten besteht eine dringende Notwendigkeit, sie fortzuführen. Allerdings ist das in der derzeitigen Form nicht coronakonform möglich.“
Die Tafel könne auch die Rampe für die Annahme von Sachspenden für das Sozialkaufhaus und den Bücherladen vorerst nicht weiter besetzen und bis auf weiteres auch keine überschüssigen Lebensmittel von ihren Partnern abholen. „Der Vorstand bedauert außerordentlich, dass wir zurzeit den Bedürftigen unserer Stadt nicht mehr die Hilfe im sonst üblichen Maß zukommen lassen können“, heißt es.
Man überlege nun, zum Beispiel durch räumliche Erweiterung und neue Freiwillige zumindest den Tafelladen und die Lebensmittelverteilung an vier Brennpunkten in der Stadt weiter in Betrieb nehmen zu können, „ohne unvertretbare Risiken betreffend Corona eingehen zu müssen“.
Der Krisenstab prüft laut Stadtsprecherin Martina Eckermann derzeit, wie die Versorgung der Menschen sichergestellt werden kann, die auf die Angebote der Tafel angewiesen sind.
Es droht eine
finanzielle Schieflage
Zudem drohe die Tafel durch wegfallende Einnahmen des Sozialkaufhauses und des Büchermarktes sowie der weiterlaufenden Kosten für Gebäude, Fahrzeuge und Angestellte in eine finanzielle Schieflage zu geraten, heißt es weiter. Allein in den kommenden vier Wochen entstehe ein ungeplantes Defizit von 60 000 Euro. „Wir hoffen, dass die Wuppertaler Bürger, Firmen und Sponsoren uns in dieser zu befürchtenden Notlage großzügig mit Geldspenden unterstützen“, teilt der Vorstand mit.
Diese Situation trifft die Wuppertaler Tafel im 25. Jahr ihres Bestehens. „Das ist aber kein Grund zu feiern, denn die Tafel dürfte es eigentlich nicht geben“, sagt der Erste Vorsitzende Wolfgang Nielsen. Der 69-Jährige ist Gründungsmitglied. Die Idee sei im Jahr 1995 spontan entstanden, als in einigen anderen Städten Tafeln eröffnet wurden, um bedürftige Menschen mit Essen zu versorgen, erinnert sich Nielsen.
Am 1. März 1995 habe man das erste Essen in der ehemaligen Bundeswehr-Kantine in der Steinbeck ausgegeben. 1996 kam das Medimobil hinzu. Das Engagement vieler Ehrenamtler sei überwältigend gewesen: „Es hat überall gemenschelt“, sagt Nielsen. Viele Engagierte stammten aus dem Verein Allgemeiner Hilfskreis, der bereits seit 1988 ein Sozialkaufhaus betrieb und der seinen Namen im Jahr 2000 in „AHK – Wuppertaler Tafel“ änderte. 2003 kam der Büchermarkt hinzu. 2007 zog die Tafel in ihre heutigen Räume am Kleinen Werth in Barmen.
Kantine gibt täglich
bis zu 800 Essen aus
Mittlerweile ist die Tafel ein Verein mit 250 ehrenamtlichen Helfern, sieben Bundesfreiwilligen, 47 „Ein-Euro-Jobbern“, vier „Zwei-Euro-Jobbern“, zehn festangestellten Kräften in Vollzeit, zwei festangestellten Kräften in Teilzeit, drei Sozialarbeitern, und etwa 80 Sozialstündlern im Monat. Finanzielle Unterstützung komme von zahlreichen Firmen und Stiftungen, sagt Nielsen. „Wir verdanken den Wuppertalern sehr viel, die von Anfang an die Tafel massiv unterstützt haben“, sagt er. Da komme es schon einmal vor, dass ein Unternehmen der Tafel ohne Weiteres ein Auto zur Verfügung stelle.
Auch wenn es immer noch viele bedürftige Menschen gebe, denen die Tafel mit einer warmen Mahlzeit helfen könne – die Kantine gibt täglich bis zu 800 Essen aus – in Wuppertal sei die Lage weniger schlimm als in anderen Städten: „Wir haben nicht so viele Obdachlose wie andere Städte, das liegt an der verdammt guten Arbeit vieler Vereine, auf die wir stolz sein können“, sagt Nielsen.
Er plant, seinen Posten als Erster Vorsitzender in absehbarer Zeit an einen Nachfolger zu übergeben. Genauso werde ein Kassenwart gesucht.