Die verrückte Idee eines Weinhändlers
Das Steinhaus gegenüber der heutigen Gerichtsinsel trägt den Namen „Wunderbau“.
Wuppertal. Von außen wirkt der massive der Bau aus Bruchstein heute eher unscheinbar, Wer wissen will, warum das Gebäude „Wunderbau“ heißt, muss etwas über seine Geschichte wissen: Es war einst ein richtiger Prachtbau mit Gärten am Hang, die an die „Hängenden Gärten der Semiramis“ erinnerten — eins der antiken sieben Weltwunder.
Bauen lassen hat es 1754 der reiche Weinhändler Peter vom Heydt. Er wählte dafür eine ungewöhnliche Stelle zwischen Elberfeld und Barmen, an der sich die Wupper ganz nah am Hardt-Felsen entlang schlängelt. Genau dort ließ er den Schieferfelsen sprengen und nutzte das Gestein für die Mauern. Die Bürger hielten ihn für verrückt, aber er hatte preiswertes Baumaterial, einen wohltemperierten Weinkeller und frisches Quellwasser.
Den Felsen hinterm Haus ließ er in drei Stufen mit bis zu sieben Meter Höhe terrassieren und dort Gärten anlegen, „wobei jede Ebene von einem besonderen Gärtner betreut wurde“, heißt es in der Denkmalliste der Stadt. Dort ist auch von Rasenrabatten, Kastanien und Linden, einem Springbrunnen und einem Wasserfall die Rede, von Grotten, Statuen und einem Liebestempel.
Auch das Gebäude war etwas Besonderes: Die Wände sind zwei Meter dick, es gab 45 Räume, Säle von 100 und 150 Quadratmetern, einen Kamin aus Meißner und ein WC aus Delfter Porzellan, eine breite Innentreppe mit schmiedeeisernem, barockem Geländer, Schiebetüren und Parkett mit Intarsien und ein Deckengemälde. „Zur damaligen Zeit war es (...) das Prächtigste, was Elberfeld zu bieten hatte“, ist in der Denkmalliste zu lesen.
Das fällt heute kaum noch auf, auch weil dem Gebäude wegen der Hochwassergefahr ein repräsentativer Eingang zur Straße hin fehlt. Stattdessen führen zwei seitliche Freitreppen zur ersten Etage. Zudem krönt das Haus seit 1963 ein modernes Dachgeschoss.
Im Inneren sieht es auch nicht mehr so prächtig aus, schon Nachfolger Peter vom Heydts bauten um, der Zweite Weltkrieg zerstörte vieles. Nur die Außenmauern blieben stehen. In den 60er Jahren zog die Pfingstgemeinde ein und nutzte den Weinkeller als Betsaal. Darüber gab es Gruppenräume und Wohnungen.
Egbert Schnütgen, langjähriger Gemeindevorstand, kennt weitere Geheimnisse des Baus: „Unter dem Weinkeller ist eine Quelle“, erzählt er. Es habe einen Geheimgang in den Felsen gegeben und ein Verlies. „In dem versteckten sich die Bewohner vor feindlichen Soldaten“, so Schnütgen. Die Gemeinde habe auch die erste Telefonseelsorge Wuppertals eingerichtet, die in dem Haus arbeitete.
Die Pfingstgemeinde ist mittlerweile in der Christusgemeinde aufgegangen, die in Barmen und Solingen zuhause ist. Schon länger hätten sie einen Standort in Elberfeld gesucht, sagt Veera Hug vom Gemeindebeirat. Da sei die Fusion eine „Fügung Gottes.“ Derzeit werde das Gebäude renoviert. Für die Gottesdienste der großen Gemeinde sind die Räume im Wunderbau jedoch zu klein: Die werden ab Oktober im Rex-Kino stattfinden.