Prozess Fahrlässige Tötung: Gericht verurteilt 73-Jährigen zu Geldstrafe

Der Mann war mit seinem Auto in den Gegenverkehr geraten. Seine Beifahrerin starb an den Unfallfolgen.

 Unfall mit Todesfolge: Der 73-jährige Autofahrer gab noch im Gerichtssaal freiwillig seinen Führerschein ab.

Unfall mit Todesfolge: Der 73-jährige Autofahrer gab noch im Gerichtssaal freiwillig seinen Führerschein ab.

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Weil er mit seinem Auto in den Gegenverkehr geraten war und seine Beifahrerin später an ihren Verletzungen im Krankenhaus starb, ist ein 73-jähriger Wuppertaler am Dienstag vor dem Amtsgericht Wuppertal wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt worden. Außerdem gab der 73-Jährige freiwillig seinen Führerschein ab.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren der 73-Jährige und seine befreundete Beifahrerin am 17. April 2018 gegen 16 Uhr mit seinem Opel auf der Straße Werbsiepen zwischen Ronsdorf und Heckinghausen unterwegs, als er aus unerklärlichen Gründen über zwei durchgezogene Linien in den Gegenverkehr geriet. Ein entgegenkommender Autofahrer konnte noch knapp ausweichen, mit dem folgenden Mercedes-Oldtimer stieß der 73-jährige in seinem Opel aber frontal zusammen. Seine Beifahrerin erlitt schwere innere Verletzungen. Drei Wochen später starb sie in deren Folge an einer Bauchfell- und Lungenentzündung im Krankenhaus - daran hatte die als Sachverständige aussagende Ärztin keinen Zweifel. Der 73-Jährige selbst erlitt bei dem Unfall ebenfalls schwere Verletzungen, unter anderem einen Lendenwirbel- und Steißbeinbruch.

Der Rentner, der sich seit drei Monaten wegen einer Depression in psychiatrischer Behandlung befindet und nach dem Unfall nur noch mit dem Rollator gehen kann, will sich im Prozess zunächst nicht äußern. Aber „er ist seit dem Unfall ein gebrochener Mann, der seelisch leidet und am Boden zerstört ist“, verliest sein Anwalt eine Erklärung.

Seit dem Unfall ist er
kein Auto mehr gefahren

Und dann bricht es aus dem Angeklagten heraus: „Es tut mir unendlich leid, aber ich kann das Geschehene nicht mehr ungeschehen machen“, bringt er eingesunken und unter Tränen heraus. Die Beifahrerin sei eine gute Freundin gewesen und habe sich nach dem Tod seiner Frau sehr um ihn gekümmert, während er sie beim Einkaufen unterstützte. Umso dankbarer sei er dafür, dass sich die Tochter der verstorbenen Beifahrerin nach dem Unfall auch um ihn gekümmert habe, ihm eine neue Wohnung besorgt und Möbel gekauft habe. „Und das, obwohl sie den Verlust ihrer Mutter erlitten hat – das fand ich so toll“, sagt er unter Tränen. Seit dem Unfall sei er zudem nicht mehr Auto gefahren und wolle auch nicht mehr fahren, kündigt er an. Außerdem werde er auf seinen Führerschein verzichten, den er auch sofort im Gerichtssaal abgibt.

Doch wie konnte es zu dem Unfall bei bestem Wetter kommen, obwohl weder Alkohol, noch Medikamente oder Drogen nachgewiesen werden konnten? Diese Frage treibt das Gericht bei der Befragung der Zeugen um. Die leitende Polizistin vor Ort sagt aus, sie habe keinen Alkoholgeruch feststellen können. Da der 73-Jährige unter Schock gestanden habe, sei auch keine Blutprobe möglich gewesen. Der Fahrer des Mercedes sagt aus, der Opel habe die Spur verlassen, so dass es wie ein Überholvorgang ausgesehen habe.

Staatsanwalt sieht Vorwurf der fahrlässigen Tötung als gegeben an

Ein weiterer Autofahrer, der vor dem Mercedes noch knapp über den Grünstreifen ausweichen konnte, hat keine Reaktion bei dem 73-jährigen Autofahrer gesehen. „Da war kein Rumreißen des Steuers, es war, als ob er nach der Kurve wie in Gedanken einfach weiter geradeaus gefahren ist.“

Da der Tod der Beifahrerin auf den Unfall zurückzuführen sei, sieht der Staatsanwalt den Vorwurf der fahrlässigen Tötung als gegeben an. Der Strafrahmen liege zwischen einer Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Gefängnis. Da der 73-Jährige das Geschehen gestanden habe und einsichtig sei, keine Vorstrafen habe und sich in psychiatrischer Behandlung befinde, fordert der Staatsanwalt eine Geldstrafe von 5000 Euro. Der Verteidiger plädiert dagegen für einen Freispruch. „Der plötzliche Leistungsverlust war für meinen Mandanten unerklärbar“, sagt er. Auch vor Fahrtbeginn habe es keine Anzeichen für eine mögliche Fahruntüchtigkeit gegeben.

Der Richter schließlich spricht den 73-Jährigen schuldig und verhängt eine Geldstrafe über 5000 Euro. „Das war ein Fahrfehler aufgrund einer Unaufmerksamkeit, das kann sich ein Autofahrer nicht leisten“, erklärt er.

Der Fahrer des Mercedes hat den Angeklagten nach eigenen Angaben zudem auf ein Schmerzensgeld verklagt. In diesem Prozess sei aber noch kein Urteil gefallen. Immerhin sei der 73-jährige Rentner aber schon für die Schäden an seinem Mercedes-Oldtimer aufgekommen.