Stadtgeschichte Graffiti: Provokation auf dem ehemaligen Gerichtsgebäude

Martin Heuwold hinterließ auf dem inzwischen abgerissenen Hochhaus sein Markenzeichen.

Martin Heuwold hat als „Mex“ in den 90er Jahren das Justizhochhaus bemalt. Heute nennt er sich „Megx“ und sprüht legal.

Foto: Martin Heuwold

Als der Künstler Martin Heuwold im Dezember die Zeitung aufschlug, konnte er ein Bild eines seiner Werke entdecken, von dem er nicht erwartet hatte, dass es nochmal in die Zeitung kommen würde. Es war am 8. Dezember, als Katharina Rüth den Text „Landmarke Gerichtshochhaus stand nur 38 Jahre lang“ in der WZ veröffentlichte. Das Foto aus den 1990er Jahren zeigte das imposante Gerichtshochhaus, das 2002 abgerissen wurde - und oben drauf in luftiger Höhe ein Graffito von Heuwold.

„Mex“ stand da in goldenen Lettern auf dem 72 Meter hohen Gebäude. Heuwold hatte den Hinweis von einem Freund bekommen, mal in die Zeitung zu gucken und war „hellauf begeistert“. Aus seiner Sicht „war das ein richtig schönes Foto.“ Das Bild stammt von Kurt Keil, dem langjährigen WZ-Fotografen. Er hatte das Gebäude in Gänze eingefangen, mit dem Gerüst an der Seite, und eben dem Werk Heuwolds.

Das Bild stammt aus der Zeit, in der Heuwold noch illegal Graffiti gemalt hat. Seit 2002 lebt er von der Kunst als freischaffender Künstler, hat als „Megx“ die Graffiti-Krippe gestaltet, die Lego-Brücke und mit zig anderen Auftragsarbeiten zum Stadtbild hier wie anderswo beigetragen.

Das hat er damals auch, auch wenn damals keiner danach gefragt hat. Damals ging es darum, seinen Namen möglichst künstlerisch, möglichst gut sichtbar zu hinterlassen. Und dafür war das Hochhaus ein idealer Ort. „Die Stelle war richtig gut“, sagt Heuwold aus damaliger Sicht. Das Haus war hoch, mitten in der Stadt und eine Landmarke an der B7. Denn damals sollten an der Bundesstraße möglichst hohe Häuser stehen, um den Autofahrern Orientierung zu bieten.

Heuwold sagt, das Bild erinnere ihn an seine „wilde Vergangenheit“. Er habe das halt gemacht, da könne er nicht drumherum reden. Aber damals seien die Zeiten andere gewesen. „Damals hatte man als junger Mensch, der sich für Graffiti interessiert, keine anderen Möglichkeit, als illegal zu malen. Es gab noch keine legalen Flächen, keine Jugendprojekte.“ Das habe sich geändert, die Gesellschaft habe sich gewandelt, auch wenn das die Szene nicht vom illegalen Treiben abhalte.

Dass Heuwold und ein Freund ausgerechnet auf das Gerichtsgebäude geklettert sind, war aber natürlich kein Zufall. „Provokation spielte schon eine Rolle“, sagt er, und untertreibt wohl etwas. Er sagt selbst, die Aktion sei „dreist“ gewesen, „bisschen übertrieben“, räumt er ein, mit einem Lachen.

Im Graffiti ist das immer ein Punkt. Auch wenn Heuwold explizit nichts zu der kürzlich besprühten Schwebebahn sagen will, kann man sagen, dass die Aktionen sicher in der Wirkung ähnlich waren. Die WZ hat damals das Graffiti auf dem Hochhaus entdeckt und berichtet, aber immerhin von „Graffittikünstlern“ geschrieben. Nach Auskunft des Landgerichts habe man das Kunstwerk zu jener Zeit mit einem „Schmunzeln“ zur Kenntnis genommen. Immerhin seien die Künstler über das Gerüst, das zur Sanierung aufgebaut worden war, hochgeklettert, und hätten so leichtes Spiel gehabt. Auch sei das Hochhaus damals wohl schon leer gewesen.

Das Haus wurde 1964 auf dem Eiland gebaut, hatte 18 Stockwerke, sollte dann in den 1990er Jahren saniert werden. Wegen Brandschutz-, Asbest- und Statikproblemen musste es aber schließlich abgerissen werden. Für die Arbeiten war das Gebäude eingerüstet, was sich Heuwold und Co zunutze gemacht haben. Das sei schon anstrengend gewesen, erinnert sich Heuwold, mit den vollen Rucksäcken die engen Löcher zu durchsteigen.

Heuwold sprühte auf der Seite Richtung Wicküler Park, ein Freund Richtung Elberfeld. Der sprühte den Schriftzug „Julia“ als eine Art Liebesgruß an eine Frau, erinnert sich Heuwold. Dessen Bild sei besser sichtbar gewesen und landete in der Zeitung.

Heuwold selbst hatte kein Foto wie das aus der WZ, keines, das die ganze Größe des Hauses zeigt. Er will sich das Foto von Kurt Keil jetzt ausdrucken und einrahmen lassen. Als Erinnerung an wilde Zeiten.