Schule und Bildung Indische Schüler sind zu Besuch in Wuppertal

Wuppertal · Gruppe informiert sich über Naturschutz – Gymnasium Bayreuther Straße startete Austauschprogramm im Jahr 2009.

Im vergangenen Jahr besuchten Wuppertaler Schüler Indien – hier mit indischen Schülern vor dem Red Fort in Dehli.

Foto: Gymnasium Bayreuther Straße

So groß die kulturellen und geografischen Unterschiede auch sein mögen, für die indischen Gäste wird der Besuch in Wuppertal aus klimatischer Sicht vor allem eines sein: eine Erleichterung. Derzeit herrschen in der Region Delhi tagsüber Temperaturen von bis zu 46 Grad Celsius (nachts: 35 Grad), da dürfte die Abkühlung im deutschen Frühsommer anno 2024 mit nicht einmal halb so hohen Temperaturen durchaus recht kommen. 16 Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrkräfte aus dem indischen Ghaziabad werden ab dem heutigen Freitag für zehn Tage zu einem Schüleraustausch in Wuppertal erwartet. Hier kommen sie in Gastfamilien unter und lernen „Land und Leute“ kennen.

Am indisch-deutschen Besuchsprogramm – dem „Indo-German Student Exchange“ – beteiligen sich fünf Schulen aus Wuppertal: das Gymnasium Bayreuther Straße, das den Austausch 2009 initiiert hatte, sowie das Städtische Gymnasium Am Kothen, das Städtische Gymnasium Sedanstraße, die Friedrich-Bayer-Realschule und das Ganztagsgymnasium Johannes Rau. Die Mädchen und Jungen aus Indien sind zwischen 14 und 17 Jahre alt und gehen ansonsten auf die GD Goenka Public School in Ghaziabad, einer Nachbarstadt östlich von Delhi. Der Begriff „Public School“ sollte übrigens nicht wörtlich genommen werden, bei der Bildungseinrichtung handelt es sich um eine Privatschule.

Erster Besuch
indischer Schüler nach Corona

Für den Schüleraustausch und das Programm verantwortlich ist unter anderem Oberstudienrätin Birgit Gößmann, die am Gymnasium Bayreuther Straße Koordinatorin für internationale Angelegenheiten ist. „Es handelt sich um den ersten Besuch einer indischen Schülergruppe seit dem Ende der Corona-Pandemie“, erzählt sie. Bereits im vergangenen Herbst war eine Gruppe aus Wuppertal – 22 Schüler und drei Lehrkräfte – in Indien zu Besuch, nun steht die Gegenvisite an.

Wobei es nicht nur darum geht, die aus Sicht eines indischen Jugendlichen mutmaßlich exotische Kultur einer mitteleuropäischen Wirtschaftsmacht mit angeschlagenem Selbstvertrauen kennenzulernen. Das Besuchsprogramm stehe auch immer unter einem konkreten Motto, betont Gößmann. In diesem Jahr lautet das Projektthema: „Klimawandel – was geht mich das an? Betrachtungen der Folgen in Indien und Deutschland. Was können wir gemeinsam tun?“

Zum Programm gehört deshalb auch die Teilnahme an einer Pflegeaktion von Bäumen, die auf einer Streuobstwiese am Clausen gepflanzt wurden. Die jungen Besucher kämen aus „einer Millionenstadt“ und seien eine andere Vegetation gewöhnt, berichtet Birgit Gößmann. Mit Wuppertal wolle man ihnen eine der grünsten Großstädte Deutschlands vorführen. Geplant sind aber auch Ausflüge in die Region – ein Abstecher zum Kölner Dom oder ein Gang durch das Haus der Geschichte in Bonn sind vorgesehen.

Idee entstand durch
ein Schreibprojekt

Das Besuchsprogramm richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 bis 11. Im Gymnasium Bayreuther Straße entstand die Idee dazu durch ein Schreibprojekt mit dem mittlerweile verstorbenen deutsch-indischen Autoren Rajvinder Singh, das 2006 an der Schule stattfand. Singh vermittelte die Kontakte zu Schulen in Indien und begleitete auch einige Gruppen beim Besuch auf dem Subkontinent. Für die Schülerinnen und Schüler sei Indien ein exotisches Land, da sei zumindest bei einigen das Interesse an einem Besuch „sehr groß“, erklärt Gößmann. In Workshops werden die Jungen und Mädchen auf den Aufenthalt sowie die Gegebenheiten im Land und die Kultur vorbereitet.

Koordinatorin und Lehrerin Gößmann, die selbst viermal in Indien war, hat die „große Gastfreundschaft“ dort beeindruckt, aber auch die sozialen Ungleichheiten hinterließen einen bleibenden Eindruck. Die „größte Demokratie“ der Welt, die neben China als der „Global Player“ der Zukunft gilt, kennt eben auch bitterste Armut, Hindu-Nationalismus und ein Kastenwesen, das den sozialen Aufstieg erschwert. Wer Indien beschreiben möchte, sollte sich nach Ansicht von Gößmann deshalb ein Zitat von Rajvinder Singh ins Gedächtnis rufen: „Alles, was man über Indien sagt, ist wahr – aber das Gegenteil stimmt auch!“

Auch die Leiterin des Gymnasiums Sedanstraße, Hildegard Harwix, verweist auf den Nutzen des Besuchsprogramms für den interkulturellen Austausch. Indien sei eben „ein völlig anderer Kulturkreis“, deshalb böten solche Austauschprogramme die Möglichkeit, das Alltagsleben in einem anderen Kontext kennenzulernen. Zudem sei es „sehr wichtig“, dass die Programme auch einen thematischen Überbau hätten.