Cronenberg „Cabaret“ feiert Premiere im TiC-Theater
Die Produktion des Musical-Klassikers erntete großen Applaus. Besonders die Hauptdarsteller überzeugen mit Gesang, Schauspiel und Tanz.
Cronenberg. „Das ist nur Politik - aber was hat das mit uns zu tun?“ Schmissig, witzig und dabei hochaktuell ist das Musical „Cabaret“ im TiC-Atelier. Eindringlich transportiert das hervorragend agierende Ensemble den Gegensatz zwischen den Menschen, die sich einfach amüsieren wollen, und den Nazis mit ihrer Rassenideologie im Berlin der 30er Jahre. Gleichzeitig sorgen die abwechslungsreichen Choreografien von Paul Kribbe für beste Unterhaltung.
Mit einem großen Foto-Prospekt stellt Bühnenbildnerin Kerstin Faber den Bahnhof dar, an dem der Amerikaner Cliff am Silvesterabend 1929 in Berlin ankommt. Dennis Gottschalk spielt den erfolglosen Schriftsteller als jungen Mann, der sich ohne große Pläne treiben lässt. Dankbar nimmt er das Angebot seines neuen Freundes Ernst (Joachim Kirchner als strammer Nazi) an, Silvester mit ihm im Kit-Kat-Club zu feiern.
Dort sorgen die Tänzerinnen (Mirca Szigat, Jeannine Divoux, Lara Kocherscheidt und Kerstin Trant) für Stimmung. Bis ins Detail exakt und verführerisch tanzen die jungen Damen. Raffiniert spielen sie mit ihren Stöcken, wechseln blitzschnell zwischen bravem Mädchen-Outfit und hautengen Korsetts mit tiefen Einblicken und schaffen es, trotz atemraubenden sportlichen Aktionen auch noch schön und intonationssicher zu singen.
Im Kit-Kat-Club lernt Cliff die Sängerin Sally Bowles kennen und lieben. Anastasiia Jungk meistert diese anspruchsvolle Rolle, die durch Liza Minnelli bekannt wurde, mit Bravour. In ihrer Mimik wechseln sich überschäumende Party-Laune mit Sorge und Arroganz ab. Hervorragend singt sie die bekannten Songs wie „Mein Herr“ oder „Maybe this Time“. In der einfachen Pension von Fräulein Schneider mit den abblätternden, fleckigen Tapeten wirkt sie wie ein bunter Fantasievogel.
Sehr hübsch stellen Monika Owart und Hans-Willi Lukas die Vermieterin und den nicht mehr ganz jungen jüdischen Obsthändler dar: Ihre schüchternen Konversationen, die verliebten Blicke, die Unsicherheit und schließlich das große Glück, als sie sich ihre Liebe gestehen. Auch stimmlich gestalten sie ihre Rollen sehr schön.
Doch das Glück kippt, als die beiden im Kit-Kat-Club fröhlich ihre Verlobung feiern. Ernst nimmt Fräulein Schneider zur Seite und fragt, ob sie wirklich diesen Juden heiraten will. Sofort schwenkt die Musik um, aus heiterem Jazz wird brutale Marschmusik. Das blonde Fräulein Kost (Saskia Deer), das sich ihren Lebensunterhalt durch Herrenbesuche verdient, wird zur vorbildlichen deutschen Frau erhoben. „Aber ich bitte Sie — das geht doch vorüber“, sagt der Obsthändler noch. Doch die Zeit ist nicht mehr aufzuhalten.
Der Conferencier (Leon Gleser), der zu Beginn die Zuschauer in allen Sprachen begrüßt hat, gefriert immer mehr zur Karikatur. In die fröhliche Titelmelodie mischen sich Misstöne. Cliff beschließt, nach Amerika zurückzukehren, Sally bleibt zurück. Sie will singen, tanzen und als freie Künstlerin arbeiten — egal, wer regiert. Für die gelungene Aufführung in der Regie von Ralf Budde und Stefan Hüfner gibt es lang anhaltenden Jubel und Bravo-Rufe sowie als Dank eine Zugabe.