Chefdirigent auf den Spuren eines fiesen Gnoms (mit Video)

Am Samstag trat Toshiyuki Kamioka mit Abonnenten in der Stadthalle auf.

Wuppertal. Knisternde Spannung liegt in der Luft. Aufgeregtes Stimmengewirr füllt das Stadthallen-Foyer. Denn das Sinfonieorchester hat mit Blick auf sein 150-jähriges Bestehen Abonnenten zum Mitspielen eingeladen. So fiebern nicht nur Laien-Musiker, sondern auch deren Verwandte und Freunde mit, ob öffentliche Probe und Aufführung von Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ in der Orchesterfassung von Maurice Ravel klappen werden.

Vor der Generalprobe mit Toshiyuki Kamioka hat Tobias Deutschmann, Dirigent und Solorepetitor der Bühnen, bereits seit Wochen mit den Abonnenten geprobt. So zeigt sich Kamioka oft zufrieden — mit Einschränkungen. Sein „Nicht schlecht, aber . . .“ durchzieht die einstündige Probe mit schöner Kontinuität. Obwohl er mit Mikrofon ausgestattet ist und sein Konterfei auf Breitleinwand projiziert wird, ist Kamioka im Saal nicht immer gut zu verstehen, wenn er aufgeregt und schnell spricht.

Aber die Musiker verstehen ihn sofort, wenn er Passagen singt oder Rhythmen mit dem ganzen Körper unterstreicht. Assoziationen helfen ihnen: „Der Gnom ist eine kleine, fiese Person, das müssen Sie nicht so kühl spielen.“ Oder: „Das ist ja ein ganz spritziges Küken-Ballett. So gut waren wir noch nie!“ Den „Markt in Limoges“ möchte Kamioka „schön leicht, nicht so wie mit Maschinenpistolen heruntergerattert“. Und im Satz „Catacombae“ mahnt er: „Nicht so viel Licht. Es gilt, mit den Toten zu sprechen.“

Am Ende nimmt Kamioka allen das Lampenfieber: „Genießen Sie ihr Spiel. Sie müssen nicht auf einmal ein anderer Mensch werden.“ Und er lädt auch die Zuhörer ein: „Es ist nie zu spät. Für mich war Musik auch einmal nur Hobby. Vielleicht fangen Sie mit so einem großen Instrument wie dem Kontrabass an“, empfiehlt er augenzwinkernd. „Oder, wenn es gar nicht klappt, machen Sie es wie ich: Werden Sie Dirigent.“

Da kann das Konzert nur noch gut und entspannt über die Bühne gehen. Portable Kameras helfen dabei, allen Musikern auf die Finger zu sehen. Moderator Martin Schacht lässt die Bilder von Victor Hartmann, die Mussorgski angeregt haben, in Projektion und Sprache lebendig werden. Ein wenig reißt das die Komposition auseinander. Doch am Ende strahlen 150 Musiker mit dem Dirigenten um die Wette: Bezaubernd zart, scharf akzentuiert oder wild und expressiv füllt die Musik den Großen Saal.