Sinfoniker und ihr Instrument (2): Ein Hoch auf die tiefen Töne
An seinem Instrument, dem Fagott, schätzt Sinfoniker Werner Riegler die große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten.
Herr Riegler, Sie spielen im Wuppertaler Sinfonieorchester. Wie sind Sie zum Fagott gekommen?
Werner Riegler: Nach ersten musikalischen Versuchen auf der Blockflöte lernte ich Klavier. Nach ein paar Jahren wurde mir aber klar, dass ich gerne in einer größeren Gruppe mitspielen würde. Also musste ein Orchesterinstrument her. Da ich die tiefen Töne schon immer mehr mochte als die hohen, fiel meine Wahl dann auf das Fagott, was ich bis heute auch nicht bereut habe.
Auch Spaßvögel haben das Holzblasinstrument als Objekt ihrer Begierde entdeckt. Wenn sie Witze machen, klingt das meist so: „Was ist der Unterschied zwischen einer Oboe und einem Fagott?“ — „Das Fagott brennt länger.“ Aber ganz im Ernst: Was unterscheidet — aus Ihrer Sicht — das Fagott vom Klang der Klarinette oder Oboe?
Riegler: Aufgrund der tiefen Frequenzen ist der Ton des Fagotts direkt körperlich fühlbar. Beim Spielen in der untersten Lage vibriert der ganze Körper mit. Außerdem besitzt das Fagott eine sehr große Palette von Ausdrucksmöglichkeiten — von tieftraurig über drollig bis hin zu skurril. Besonders die kurzen (staccato) Töne sind sehr typisch.
Das Fagott zählt nicht gerade zu den zahlenmäßig am stärksten vertretenen Instrumenten in einem Orchester. Entsprechende Stellen sind rar gesät. Was sollte man — neben dem nötigen Talent — auf jeden Fall mitbringen, wenn man aus der Fagott-Leidenschaft einen Beruf machen möchte: virtuoses Fingerspitzengefühl, starke Ellbogen oder einen langen Atem?
Riegler: Ein langer Atem ist sicherlich hilfreich, Fingerspitzengefühl schadet auch nicht, die starken Ellenbogen bringen Sie aber kaum weiter. Wenn man sich um eine Stelle bewirbt, zählt letztendlich nur die Leistung auf dem Instrument, da jeder Bewerber dem ganzen Orchester und dem Che-Dirigenten vorspielen muss. Wer dabei als Bester ausgesucht wird, muss dann noch in einem Probejahr sein Können unter Beweis stellen.
Welcher Komponist/welche Komponistin ist Ihr ganz persönlicher Fagott-König bzw. Ihre ganz spezielle Fagott-Königin?
Riegler: Das ist schwer zu sagen, da alle großen Komponisten wunderbare Solopassagen fürs Fagott geschrieben haben. Von Haydn, Mozart und Beethoven geht das über Tschaikowsky bis hin zu Strawinsky und Schostakowitsch. Ich persönlich mag sehr gerne die Fagottkonzerte von Antonio Vivaldi.
Wenn Sie sich ein Stück wünschen dürften: Welches Werk wollten Sie schon immer einmal in der Wuppertaler Stadthalle spielen?
Riegler: Da ich bereits seit 30 Jahren Mitglied des Sinfonieorchesters Wuppertal bin, habe ich eigentlich schon alles gespielt, was es so gibt . . .
Großer Stadthallen-Saal, kleine Kammermusik-Bühne oder gar der Operngraben — wo fühlen Sie sich am wohlsten?
Riegler: Ich finde gerade die Abwechslung sehr reizvoll und bin glücklich darüber, nicht in einem reinen Opern- oder Konzertorchester tätig zu sein. Für mich ist es immer eine große Freude, beispielsweise in einer Oper von Verdi oder Puccini mitzuwirken — und dann wieder bei der Aufführung einer Sinfonie von Beethoven oder Mahler in unserer wunderbaren Stadthalle.
Wenn Sie Sommerpause haben: Verreisen Sie dann mit oder ohne Fagott im Gepäck?
Riegler: Da ich normalerweise nicht länger als zwei bis drei Wochen verreise, genieße ich diese Zeit durchaus auch mal ohne Instrument.
Auf welches Konzert der verbleibenden Saison freuen Sie sich am meisten?
Riegler: Ich freue mich sehr auf das letzte Konzert dieser Saison mit Strawinskys „Le sacre du printemps“ unter der Leitung von Toshiyuki Kamioka. Und ich bin sehr neugierig auf die beiden „Crossover“-Konzerte zusammen mit der legendären Popgruppe Procol Harum — am 5. und 6. April. „A whiter shade of pale“ hat mich bereits in meiner frühesten Jugend begeistert, deshalb bin ich sehr gespannt auf dieses Zusammentreffen.