Christian Muthspiel eröffnet die Freiluft-Saison im Skulpturenpark
Die Reihe Klangart bietet Kunst unter freiem Himmel.
Wuppertal. Kurz vorher drohen noch dunkle Regenwolken, doch pünktlich zum Beginn des ersten Open-Air-Konzertes im Skulpturenpark Waldfrieden kommt die Sonne hervor und die Zuhörer können Regenjacken und Schirme beiseitelegen. Christian Muthspiel eröffnet die Freiluft-Saison der Klangart-Reihe mit seinem Projekt „Seaven Teares — a tribute to John Dowland“.
Darin greift er auf einen Instrumental-Zyklus des Renaissance-Komponisten „Lachrimae or Seven Tears“ für fünf Gamben und eine Laute zurück. „Bei Dowland sind alle Stimmen gleichwertig und rudimentär sparsam bis rätselhaft notiert, es blieb also viel der Fantasie der Musiker überlassen — daraus wird bei uns ein kollektives gleichzeitiges Improvisieren“, erklärte Christian Muthspiel mit seinem österreichischen Akzent und erfindet eine wilde Geschichte über seine Dowland-Forschung und deren Ergebnisse. Tatsächlich fügen sich die ursprünglichen Renaissance-Melodien und die Improvisationen im Wechsel zu einem schönen Rondo. Sehr versiert gehen die vier Musiker aufeinander ein, kommen von intensiven Improvisationen punktgenau wieder zu den Dowland-Arrangements zusammen. „Dowland beschreibt sieben Arten von Tränen — wir haben daraus zehn gemacht und versucht, sie in unsere musikalische Sprache zu übersetzen“, sagt Muthspiel. So gibt es Tränen der Liebe mit langgezogenen Melodien, Lachtränen mit lebhaften Kaskaden oder gefrorene Tränen. Muthspiel arbeitet viel mit Motiven, die auf Band aufgenommen und anschließend wieder abgespielt werden und ein Echo zu seinen neuen Melodien bilden.
Steve Swallow am E-Bass hat eine ähnlich fundamentale Rolle wie die Bass-Stimme in der Renaissance, und Franck Tortiller geht in seinen Soli am Vibraphon völlig auf. Mit vier Schlägeln haut er gleichzeitig auf die Metallplatten ein und singt dazu brummende Töne. Matthieu Michel hingegen hält sich mit seiner Trompete zurück und passt sich harmonisch ins Quartett ein.
Muthspiel wechselt zwischen Posaune, E-Piano und Flügel hin und her, tänzelt über die Bühne und gibt seinem Quartett die Einsätze. „Was das Quartett so aus den Instrumenten rausholt ist wirklich beeindruckend“, freut sich Gabi Spiegelmacher, die ihre Eintrittskarten samt Dinner mit den Künstlern bei der WZ-Verlosung gewonnen hat. „Das Konzert ist emotional sehr beeindruckend.“ Die Kulisse mit den hohen Bäumen, die im Wind schwanken, und vorüberfliegenden Schwalben trägt das ihre dazu bei. Und auch wenn diesmal noch ein paar Plätze frei geblieben sind, haben die Anwesenden eine beeindruckende Darbietung verbunden mit Urlaubs-Gefühl erlebt.