Von der Heydt-Museum Der gemalte Duft einer Zitrone
Um Kinder für Edouard Manet zu begeistern, bietet das Von der Heydt-Museum Führungen an, die Theorie und Praxis kombinieren.
Wuppertal. Mit dem berühmten Namen können sie zwar nicht soviel anfangen, aber malen, das lieben sie — genau wie er. Edouard Manet (1832 bis 1883), französischer Impressionist und derzeit im von der Heydt-Museum mit seinen Bildern zu Gast, entwickelt sich zum Publikumsmagnet. Bei großen und kleinen Betrachtern. Für beide hat das Museum spezielle (und rege nachgefragte) Angebote, sich den großen Künstler zu erschließen.
Was unterscheidet eine Kinder- von einer Erwachsenenführung? Julia Dürbeck weiß es. Die Kunsthistorikerin, Leiterin der Kunstvermittlung im von der Heydt und zweifache Mutter, erklärt: „Seit 2004 bieten wir Führungen für Kinder ab fünf Jahren an. Es geht darum, dass sie die Kunst auf ihre Weise, mit ihren Sinnen erleben und spielerisch entdecken. Das kann durchaus auch fühlen bedeuten, weil sie die Bilder ja nicht anfassen dürfen.“ Im Unterschied zu Teenagern (für die es natürlich eigene Angebote gibt) seien die Kids unvoreingenommen und einfach anzusprechen. Grundsätzlich hinge eine gelungene Führung aber nicht vom Alter, sondern von den Personen und deren Aufgeschlossenheit ab.
Die Führung beginnt: Zwölf Kids hocken um Pädagogin Cordula Sauer herum auf dem Boden vor dem kleinen Foto Manets und den Landschaften seiner Malerkollegen, die im ersten Ausstellungsraum aufgehängt wurden. Sie versuchen, konzentriert die Fragen zu beantworten, die ihnen die Pädagogin zu einer Zeit stellt, in der es „vieles noch nicht gab“, und in der doch einiges — wie die Fotografie und die (Farb-)Tube — erfunden wurde, was die Arbeit der Maler verändern sollte. So dass diese ihre Impressionen von und in der Natur malen konnten. „Ist das wirklich so gemalt, dass es aussieht wie echt?“ „Nein“, klingt es unisono.
So geschult geht die Gruppe zu den Bildern, um die sich der Nachmittag eigentlich dreht: Manets Stillleben, Titel: “Der Duft von Zitronen und Melonen“. Kinder lieben Bilder mit Schiffen, aber interessieren sie sich auch für Bilder mit „toten“ Gegenständen wie Obst, Blumen und Tieren? Antwort: Ja, die Kids sind still und aufmerksam bei der Sache. Sie erfahren, dass es dem Impressionisten nicht um die genaue Darstellung eines Hasen ging — dafür gab es die Fotografie —, sondern um die Gefühle, die er in groben, flüchtigen Strichen auf die Leinwand brachte. Worte, die auch so manchen Erwachsenen interessiert stehenbleiben lassen. Derweil kramt Sauer aus einem Roll-Wägelchen ein Söckchen, in dem sich ein Gegenstand verbirgt. Die Kids ertasten eine Zitrone und wandern zu Manets Zitronenbild. Hier lernen sie etwas über Bildhintergrund und -komposition und warum die Zitrone aus der Nähe unrealistischer und umgekehrt in der Ferne immer echter wirkt, so dass man sich ihren sauren Geschmack, ihren zarten Duft beinahe vorstellen kann.
Der praktische Teil der Führung naht mit der Aufforderung, ein Manet-Bild fertig zu malen. Die Künstlerin hat für jeden eine halb fertige Zitrone auf Papier gebannt. Sofort legen die kleinen Künstler los, führen mit einem Kohlestift die Form mit mehr oder weniger zügigen Strichen zu Ende. Überhaupt selber malen. Im Museumsatelier warten schon verschiedene Früchte, liebevoll auf einem großen Laken drapiert, darauf, von Manets Schülern gemalt zu werden.
Für Kinder, die autark durch die Ausstellung gehen wollen, eine Anleitung aber nicht ablehnen und mindestens fünf Jahre alt sind, gibt es ein liebevoll gestaltetes Heft im Din-A-4—Format, das mit Rätsel-, Zähl-, Zeichen- und anderen Aufgaben aufwartet. Dürbeck erzählt: „Die Kinder werden angeleitet, die Bilder genau anzugucken und zu schauen, was passt und was nicht.“ Am Heft-ende gebe es eine Postkarte, auf der sie das Bildnis Manets ausmalen und vermerken, was ihnen am besten gefallen habe, bevor sie sie in den Briefkasten im Museumsfoyer stecken. Eine Idee, die ankommt: Das Feedback sei bislang rege und positiv.