Manet als Erneuerer einer Gattung
Das „Bildnis der Berthe Morisot“ ist im Von der Heydt-Museum zu sehen.
Edouard Manets (1832-1883) zum größten Teil posthum erschienenes druckgrafisches Werk umfasst insgesamt etwa 90 Einzelblätter und Illustrationsfolgen und fällt, im Vergleich zu der großen Anzahl von Gemälden, eher gering aus. Dennoch geben auch seine Grafiken einen facettenreichen Einblick in die großen Themen seines Schaffens und zeigen ihn als Erneuerer der klassischen Gattung sowie als kritischen Beobachter von Gesellschaft und Geschichte. Einige seiner Radierung bilden zudem Nachschöpfungen seiner eigenen Gemälde.
So auch die Radierung „Bildnis der Berthe Morisot“ (ohne Jahr), die in unserer Ausstellung „Edouard Manet“ im Von der Heydt-Museum zurzeit zu sehen ist. Die kleinformatige Druckgrafik zeigt die 30-jährige Französin Berthe Morisot als Bruststück. Passend zum schwarzen Kleid trägt das von Manet oft gemalte Modell einen hohen schwarzen Hut, auch Trauerhut genannt. Hinter ihrem Kopf fällt links ein breites Hutband herunter, um ihren Hals sind breite Kinnbänder gebunden.
Wuppertaler
Meisterwerke
Dem Betrachter blickt sie eher traurig und melancholisch entgegen. Selbst als Künstlerin anerkannt, ließ sich die Tochter aus gutem Hause nicht nur von Manet porträtieren, sondern profitierte auch selbst von seinem künstlerischen Ruhm. Sie heiratete später Manets Bruder Eugéne. Wie in der Vorlage, dem Gemälde „Berthe Morisot mit Veilchenstrauß“ (1872), beschränkt sich die Grafik auf konzentrierte Bildmittel. Dabei zeigen Linie, Grauskala und der Weißgrund des Papiers Manets generelle Tendenz zur offenen, unkörperhaften Anlage seiner Kompositionen und stehen seiner stark flächenbezogenen Kunst sehr nahe. Stilistisch bediente er sich eines einfachen Linienstils, der oft den Eindruck einer spontanen Zeichnung vermittelt und somit den damals beliebten und als modern empfundenen Karikaturen ähnelt.
Um diesen Eindruck zu verstärken, überarbeitete Manet oftmals die Druckplatte und nahm gestalterische Veränderungen am Motiv vor oder verstärkte die Hell-Dunkel-Kontraste durch Schraffuren. Diese mehrmalige Bearbeitung der einzelnen Druckplatten und das künstlerisch anspruchsvolle Ergebnis zeigen, dass Manet sich, trotz seiner Vorliebe für Gemälde, intensiv mit den technischen Möglichkeiten der Druckgrafik auseinandersetzte.
Grund dafür war vielleicht der starke Aufschwung, den die Druckgrafik um 1860, dem Zeitraum, in dem Manets grafisches Schaffen begann, in Paris erlebte. Denn durch diese neue Aktualität etablierte sich die Druckgrafik als eigenständige und ernstzunehmende Kunstrichtung. In unserer Ausstellung finden sich zahlreiche grafische Arbeiten des in vielerlei Hinsicht wegweisenden Künstlers.