Harmonischer Stabwechsel an Wuppertals größter Schule
Renate Schlomski legt die Leitung der Bergischen Musikschule in die Hände von Raphael Amend. Sie bleibt der Schule als Klavierlehrerin erhalten.
Die Bergische Musikschule hat einen neuen Leiter. Er heißt Raphael Amend und gehört gewissermaßen zum Inventar der Bildungseinrichtung, die mehr als 7000 Kinder, Frauen und Männer mindestens einmal in der Woche erreicht. Damit ist sie die größte Schule der Stadt. Und in Raphael Amend (32) ist sie vermutlich auch die mit dem jüngsten Leiter.
Amend hat das Zepter gestern offiziell von Renate Schlomski übernommen. Sie stand seit 2011 an der Spitze der städtischen Einrichtung. Sie nutzte ihre Amtszeit, um die Wuppertaler Schule bundesweit zu vernetzen. Die Teilnahme an Projekten wie „Jedem Kind ein Instrument“ (Jeki) und die „Singpause“ gehen nicht zuletzt auf ihr Engagement zurück. „An der Singpause nehmen jetzt zwölf Schulen teil“, sagt Schlomski (57). Sie werde von der Jackstädt Stiftung, von Unternehmern wie Ralf Putsch, von der Sparkasse sowie den Lions- und den Rotary Clubs in Wuppertal unterstützt. „Wir erreichen inzwischen 2600 Schüler.“ Das sei auch deshalb gut, weil erwiesen sei, dass Musik gut für die Entwicklung ist. „Außerdem kommen wir mit Kindern in Berührung, die wir sonst nicht erreichen könnten.“
Renates Schlomski zieht sich auf eigenen Wunsch von der Leitung der Schule zurück. „Alles hat seine Zeit“, sagt sie. Und sie habe mit ihrem Familienrat beschlossen, dass nun eine andere Zeit anbrechen soll. Dem Haus bleibt sie als Klavierlehrerin mit 15 Wochenstunden erhalten und ihrem Nachfolger als Ratgeberin, wenn er das will. Die gewonnene Zeit bekommt in erster Linie das Enkelkind. „Ich muss jetzt einen Kindersitz für das Auto kaufen.“
Als Schlomskis Nachfolger wird Amend die Bemühungen seiner Vorgängerin fortsetzen. Das liegt auch deshalb auf der Hand, weil er seit Jahren in die Ideen und Entscheidungen der Schulleiterin eingebunden worden ist. „Wir haben hier eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagt er.
Amend selbst ist seit 1989 mit der Bergischen Musikschule verbunden. Im Alter von vier Jahren lernte er Geige spielen. Nach dem Musikstudium stieg er zunächst als Honorarkraft in die Lehre an der Schule ein. Vor fünf Jahren erhielt er eine feste Anstellung. Dabei kam ihm auch zugute, dass er nach Musik Kulturmanagement studiert hat. Solche Fähigkeiten sind an einer notorisch unterfinanzierten öffentlichen Einrichtung mindestens ebenso wichtig wie fachliche Expertise.
Als Chef von insgesamt 160 Lehrkräften, die größtenteils auf Honorarbasis arbeiten, kommt auf Amend die Aufgabe zu, die Schule zukunftsfit zu machen. Das Thema Digitalisierung sieht er als zentral an. Der neue Leiter will es in den Unterricht integrieren. Ganz so einfach wird das allerdings nicht. In den Gebäuden der Musikschule gibt es bisher kaum W-Lan.
Eine andere Herausforderung für Musikschulen wird derweil auf der bildungspolitischen Ebene bewältigt. Die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren (G9) könnte auch den Musikschulen helfen. Denn Schlomski und Amend haben schon festgestellt, dass sie so manchen talentierten Schüler an das zu enge Zeitkorsett von Jugendlichen verloren haben. „Die Zeit löscht viele Feuer“, sagt der neue Schulleiter. Aber auch wenn Jugendliche in Zukunft vielleicht wieder mehr Freizeit für Musik haben, will Amend sich zusätzlich auf eine andere Zielgruppe orientieren. „Unser Tanzchor 60plus funktioniert schon sehr gut. Aber wir werden immer noch zu sehr als Jugendmusikschule wahrgenommen“, sagt auch Renate Schlomski.
Dabei ist die Musikschule längst in Altenheimen unterwegs und dort gerngesehen. Rentner und Pensionäre allerdings finden noch zu selten den Weg auf die Musikschulbänke. „Wir arbeiten daran, ältere Wuppertaler für ein Instrument zu begeistern.“