Darum ist die Wuppertaler Stadtverwaltung unterbesetzt

Der peinlichen Posse um die Wiederwahl des Beigeordneten Nocke sollte die Generalrevision des Stellenplans folgen.

Dezernent Matthias Nocke (Archivbild).

Foto: Mathias Kehren

Die Situation ist vertrackt. Der Stadtrat zöge es vor, den Beigeordneten für Sicherheit, Ordnung, Kultur und Sport, Mattias Nocke (CDU), für weitere acht Jahre in seinem Amt zu bestätigen. Er darf aber nicht, weil der Verwaltungsspitze der in der Kommunalverfassung verankerte Volljurist fehlt. Nocke ist zwar Jurist, aber nur mit Diplom. Die notwendige Befähigung zum Richteramt hat er nicht.

Wie sich Wuppertal in diese Situation manövriert hat, ist beispielhaft für kurzsichtige Personalplanung. Im Juni ist auf Betreiben von Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) der Beigeordnete für Bürgerbeteiligung abgewählt worden. Er war Volljurist, der einzige im damals noch sechsköpfigen Verwaltungsvorstand. Dass es in den Jahren 2010 bis 2015 keinen Volljuristen in der Rathausspitze gab, hat die damalige Bezirksregierung geduldet, die neue macht das nicht.

All das war bekannt, als der Rat im Juni das Experiment mit dem Bürgerbeteiliger beendete. Aber richtig gekümmert hat sich der Oberbürgermeister darum nicht. Dieses Versäumnis im Zusammenhang mit einem leitenden Angestellten beziehungsweise Wahlbeamten wäre vergleichbar damit, dass der Geschäftsführer des Wuppertaler SV vergisst, den Vertrag mit einem Top-Spieler zu verlängern, der dann den Verein verlässt. So ein Geschäftsführer wäre vermutlich nicht mehr lange im Amt.

In Rathäusern werden Verträge allerdings selten gekündigt. Normalerweise laufen sie aus. Aber überraschend ist das nie. Deshalb war bereits im Juni klar, was jetzt problematisch ist. Nun ist guter Rat teuer, womöglich sogar im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn Mucke und seine Mannschaft nichts machen, dann wird der Rat in einer seiner nächsten Sitzungen einfach einen Beigeordneten mit Befähigung zum Richteramt wählen. Dann bliebe es bei den heute fünf Personen im Verwaltungsvorstand plus dem freigestellten Beigeordneten, der noch auf Wiederbeschäftigung klagt.

Das wäre ein finanzielles Nullsummenspiel mit politischem Kollateralschaden. Denn Nocke ist Christdemokrat, die CDU arbeitet mit der SPD im Rat zusammen, und die SPD hat versprochen, Nocke wiederzuwählen.

Eine andere Variante wäre mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Der Rat könnte Nocke wiederwählen, müsste gleichzeitig aber einen weiteren Beigeordneten ins Amt hieven, wegen der Volljuristenklausel. Das bedeutete ein zusätzliches Dezernat mit geschätzten Personal- und Sachkosten von 300 000 Euro inklusive Sekretariat. Angesichts der Haushaltslage Wuppertals wäre das eine schwer zu vermittelnde Lösung.

Aber wäre sie deshalb falsch? Im Vergleich mit anderen Städten ist Wuppertal mit fünf aktiven Beigeordneten inklusive Oberbürgermeister recht schlank aufgestellt. Ähnlich große Kommunen wie Bielefeld haben die Verwaltungsleitung auf sechs Köpfe verteilt. Das gilt auch für erheblich kleinere Städte wie Bonn und Mönchengladbach. Im deutlich größeren Düsseldorf regiert OB Thomas Geisel (SPD) mit sieben Beigeordneten.

Gemessen an den Aufgaben einer Stadtverwaltung könnte Wuppertal einen weiteren Dezernenten ebenso vertragen wie mehr Personal in bestimmten Ämtern. Wie verdichtet die Arbeit durch die Sparmaßnahmen geworden ist, zeigt auch der Zuschnitt des Dezernats des Beigeordneten Frank Meyer (SPD). Er ist für Stadtentwicklung, Bauen, Verkehr und Umwelt zuständig. Sein Kollege Stefan Kühn (SPD) kümmert sich um Soziales, Jugend, Schulen und Gesundheit. Johannes Slawig (CDU) fungiert als Kämmerer und Personalleiter, neben Nocke komplettiert OB Mucke das Team. Er ist Leiter der Verwaltung, Vorsitzender des Rates, erster Repräsentant der Stadt und die Stelle als Rechtsdezernent füllt der studierte Sicherheitstechniker auch noch aus. Um so wichtige Themen wie Wirtschaft und Digitalisierung kümmert sich in der Chefetage des Wuppertaler Rathauses niemand.

Das enge Personalkorsett drückt das Rathaus. Das gilt für den Verwaltungsvorstand wie für so manches Amt, auf dessen Dienstleistung Bürger mitunter provozierend lang warten müssen.

Die Posse um Nocke könnte womöglich Nutzen bringen, wenn die Beteiligten sich einmal mit der Generalrevision des Stellenplans auf allen Ebenen beschäftigten. Ein zusätzlicher Dezernent, der sich mit Wirtschaft, Mobilität und Digitalisierung beschäftigt, könnte der Stadt auf die Dauer viel mehr einbringen, als er kostet. Unter Umständen wären einige Dezernenten durch so einen Kollegen in der Lage, ihre eigene Arbeit besser, schneller und effizienter zu erledigen.

Weiter wie bisher, ginge auch. Aber das hat sich zumindest in der jüngeren Vergangenheit als nicht erfolgreich herausgestellt.