Wuppertaler Kultur „Der kleine Lord“ kann auch fetzig, flott und lustig

Inszenierung des Schauspiels begeistert Groß und Klein.

Szene mit: (v.l.) dem Diener,  Graf von Dorincourt und Cedric.

Foto: Uwe Schinkel

Rührseligkeit und Weihnachtsschmalz unter dem Tannenbaum? Eher Fehlanzeige. Die Inszenierung des Familienstücks „Der Kleine Lord“ weicht von der bekannten Filmversion mit Alec Guiness und Ricky Schroder aus dem Jahr 1980 nicht inhaltlich, jedoch in der Umsetzung stark ab. In der Inszenierung von Henner Kallmeyer wird die Geschichte des verarmten Jungen Cedric (Julia Meier), der mit seiner Mutter (Silvia Munzon Lopez) in Amerika lebt, in Wahrheit der Enkel des Earl von Dorincourt (Martin Petschan) ist und daher als Erbe zu ihm nach England ziehen muss, fetzig, flott, lustig und voller Gags aufgeführt.

Dabei gehen Schauspiel und Musik eine herrlich temperamentvolle Symbiose ein. Unter der musikalischen Leitung von William Shaw finden sich die einzelnen Charaktere in der Musik wieder, gehen Zwiegespräche mit ihr ein, und das Geschehen wird von der Musik nicht nur umwoben. Denn Shaw hat keine Neuarrangements vorhandener Musik geschrieben, sondern neue geschaffen, gespielt von Musikern des Sinfonieorchesters Wuppertal. Sie interpretiert und verdeutlicht Gefühle und Aktionen der Schauspieler. Bei der Abschiedsszene schluchzt das Violoncello, die Annäherung zwischen Cedrik und seinem Opa begleitet jubilierend die Flöte. Denn auch in dieser Version des Stücks erobert er das Herz seines griesgrämigen Großvaters und zeigt ihm, was Menschlichkeit ist.

Schauspiel und Musik in temperamentvoller Symbiose

Manche Szenen weisen einen slapstickartigen Charakter auf. Die herrlichen Aktionen zwischen dem Diener des Earl im Hundekostüm, etwas zwischen Beagle und Basset, versehen mit dem typisch traurigen Dackelblick etwa oder die Reaktionen des geschenkten Ponys bei seiner Namensgebung. Das gefiel nicht nur den jungen Zuschauern im voll besetzten Theater am Engelsgarten. Die fantasievollen Kostüme von Silke Rekort taten ihr Übriges. Die falsche Gräfin mit ihren zwei Söhnen, angeblich die wahren Erben, stechen nicht nur optisch ins Auge. Die Pferde Mokka (Konstantin Rickert) und Silberschweif (Andreas Rother) fegten, mit Cedric und dem Earl auf dem Rücken, über die Bühne. Viele schöne kleine Gags der Choreographie unter Sophia Otto sorgten für ein stimmiges und erheiterndes Bild, erschien das alte Pferd des Earl doch zunächst mit einer Gehhilfe auf der Bühne.

Doch „auch in Europa fern bei Opa“ vergisst Cedric seine alten Freunde und seine Mutter nicht. Und so kann sein Kumpel, der Schuhputzer Dick, die intrigante Gräfin entlarven. Es wird getanzt, gesprungen und gerannt, das Bühnenbild dreht sich, wird von den Schauspielern, die fast alle in Mehrfachrollen auftreten, erklommen. Die 75-minütige Aufführung vergeht so rasant wie sie inszeniert ist. Sie endet natürlich mit einem Happy End und minutenlangem anhaltenden Applaus für Schauspieler und Musiker. Mehr als 30 mal wird das sehenswerte Familienstück ab sechs Jahren noch aufgeführt werden, ab dem 3. Dezember im Opernhaus.

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