Wuppertal Die vielen Gesichter der Lilay Huser
Die Schauspielerin genießt es, in immer neue Rollen zu schlüpfen. Ihr Traum: Tatort-Kommissarin in Wuppertal.
Wuppertal. Lilay Huser hat viele Gesichter. In der Fernsehserie „Türkisch für Anfänger“ spielt sie die selbstbewusste Oma Ötztürk, an der Seite ihrer Kollegin Marcia Golgowsky die gewitzte Ayse und im Theater am Engelsgarten steht sie gerade als liebevoll-resolutes Kindermädchen auf der Bühne. „Jemand anderes zu sein, ist für mich faszinierend. In einer Rolle kann ich mir Dinge erlauben, die sonst nicht möglich wären. Das macht Spaß“, sagt die 58-Jährige mit einem verschmitzten Lächeln.
Wenn sie sich eine Rolle aussuchen könnte, wäre sie gerne Kommissarin in einem Tatort aus Wuppertal. „Die Stadt ist so toll, sie hätte einen verdient“, betont Lilay Huser mit Nachdruck. Handlung und Hauptfigur müssten schon außergewöhnlich sein, um sich von den vielen anderen Tatorten im Land abzuheben. „Die Kommissarin müsste eine charakterstarke Frau sein, die vielleicht die eine oder andere Macke hat. Ihre Ermittlungsmethoden sind auf jeden Fall unkonventionell und der Humor darf auch nicht auf der Strecke bleiben“, schildert die leidenschaftliche Wuppertalerin ihre Wunschvorstellung. Sie würde die Herausforderung gerne annehmen. „Doch noch hat mich keiner gefragt.“
Dabei ist die temperamentvolle Schauspielerin spätestens seit der preisgekrönten Kinokomödie „Almanya — Willkommen in Deutschland“ überregional bekannt. „Der Durchbruch kam zwar schon mit Türkisch für Anfänger, doch seitdem läuft es richtig gut“, sagt Lilay Huser und ihre dunklen Augen blitzen hinter den eckigen Brillengläsern. Ein Leben ohne Bühne und ständige Verwandlung kann sie sich schon längst nicht mehr vorstellen. „Das ist meine Leidenschaft.“
Den Weg zum Theater hat sie jedoch, streng genommen, den deutschen Behörden zu verdanken. Denn sie gaben der Diplom-Textildesignerin nach dem Abschluss ihres Studiums nur eine eingeschränkte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. „Die galt nur für das Arkadas-Theater in Köln, an dem ich während meines Studiums schon aufgetreten bin. Erst nach fünf Jahren fiel das weg und dann war es zu spät für einen Einstieg in meinen Beruf.“ Stattdessen blieb sie der Bühne treu, gründete mit ihrem damaligen Ehemann Vedat Erincin, sowie der heutigen Leiterin Barbara Krott und Regisseurin Meray Ülgen das Wupper-Theater. Als interkulturelle Institution gibt sie Inszenierungen an der Schnittstelle zwischen Orient und Okzident eine Bühne. „Das ist sehr wichtig für mich“, betont Lilay Huser. Die gebürtige Türkin kann sich selbst noch gut an ihre eigenen Startschwierigkeiten erinnern.
„Damals kannte ich viele Regeln nicht. Mit Du und Sie hatte ich Probleme und die Sprache war mir fremd.“ Sie möchte daher jungen Menschen vermitteln, wie wichtig Verständigung ist.“ Die regelmäßigen Projekte mit Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen Kulturkreisen liegen ihr besonders am Herzen. „Sie lernen ihre eigenen Wurzeln bessern kennen und bei allen Unterschieden zusammen zu arbeiten. Manche sind schon seit zehn Jahren dabei und es ist spannend, ihre Entwicklung zu verfolgen. Sie waren so klein und nun sind sie größer als ich“, sagt die 58-Jährige in Anspielung auf ihre zierliche Figur.
Ihre eigenen Auftritte nimmt Lilay Huser sehr ernst, die komische Seite entdeckten andere an ihr. Inzwischen nutzt sie ihr Talent für die Kabarettauftritte mit Marcia Golgowsky. Gemeinsam sind sie das deutsch-türkische Duo „Die Trockenblumen“. Hilde und Ayse stammen aus zwei Welten und ergründen schonungslos Vorurteile, sprachlichen Spitzfindigkeiten und kulturelle Stolpersteine. „Die Leute zum Lachen zu bringen, ist viel schwieriger, als zum Weinen“, betont Lilay Huser. Im Gegensatz zu ihr trägt Ayse Kopftuch, hat sechs Kinder und schwankt zwischen Tradition und Moderne. „Bei dem, was sie sagt, gibt es aber schon Parallelen.“
In ihrem Beruf empfinde sie es als Bereicherung, beide Mentalitäten zu kennen und damit spielen zu können. Während für viele junge Menschen mit Migrationshintergrund häufig unklar sei, wo ihre Heimat ist, stellt sich für Lilay Huser diese Frage nicht. „Für mich ist das eindeutig Wuppertal“, sagt sie entschieden. Ihr Lieblingsplatz ist das Café Milias am Kirchplatz und natürlich die Bühne.
Trotz ihrer vielen Gesichter trägt Lilay Huser Züge ihrer Figuren auch in sich. „Das Kindermädchen, das ich gerade am Theater am Engelsgarten spiele, ist liebevoll und bestimmend zugleich. Das liegt mir. Vielleicht bin ich privat auch ein bisschen so, doch das könnte mein Mann besser beurteilen“, sagt sie mit einem herzhaften Lachen, das sofort ansteckend wirkt.