Kabarett Drei Anwälte pointieren den Justiz-Alltag in Wuppertal
Wuppertal · Das Trio „STGB“ unterhielt in der Citykirche mit Spiel- und Abarten des Rechtsstaats.
„Je lauter der Verdächtige nach einem Anwalt brüllt, desto besser passt er in unser Risikoraster.“ Es ist satirische Zuspitzung, was in der Elberfelder Citykirche zu Spiel- und Abarten des Rechtsstaats zu hören war. Außergewöhnlich war an diesem Programm aber, dass seine Akteure keine Kabarettprofis waren, dabei alles andere als ahnungslos: Hinter den Jura-Satirikern „STGB“ steckten Juristen, genauer: Strafverteidiger. Das Programm war aber nicht nur Plaudern aus dem Nähkästchen, auch keine harmlose Stilblütensammlung: Gerade im Furor des fachlichen Hintergrunds war der Spaß der drei im Grunde knallhart politisch.
So hielt Andrea Groß-Bölting unbeirrt besagtes Plädoyer zur Verteidigung gezielter Personenerfassung und lobte die Chancen moderner Datensammlung: Versicherungsdaten, Internetkommentare, Einkaufsverhalten („isst er Schweinefleisch?“) – für Polizei und Justiz demnach eine Fundgrube. Bemerkenswert immer, dass derlei Kritik im Gewand des Lobs von Menschen kam, bei denen mancher eher ein unkritisches Ja zu moderner Erfassung vermuten könnte – scheint sie doch allen zu dienen, der Sicherheit ... nicht zuletzt ihnen selbst.
Ein Kabinettstückchen gelang dem Anwalt Jochen Strauß – als Experte für Entschädigung bei Fehlurteilen. Nicht erst, als er lästige Klagen über Haft abtat: „Das Frühstück wird aufs Zimmer gebracht! Quasi ans Bett.“ Denn vorab gespiegelt wurde das durch ein privates Malheur des Arrest-Apologeten: Gerade habe er drei Stunden auf einer Hoteltoilette festgesessen – „Rumsitzen! Warten! Nicht wissen, was draußen passiert!“ Eine clevere Nummer, die mit Selbstgefälligkeit auch bei „rechtschaffenen Bürgern“ deutlich, nun, ins Gericht ging.
„Fußballer sind eitel,
Richter sind das auch“
In den komischen Fokus kamen auch Figuren, die im juristischen Dunstkreis eher am Rand agieren: Jochen Thielmann mimte, gut gespielt bieder, einen Gerichtsreporter, der sich lobende Berichte über Richter bezahlen lässt: „Ich stelle sie als Koryphäe dar! Bei manchem ist das nicht leicht.“ Auch das setzte wieder zum Rechtsleben selbst ein Fragezeichen: Was, wenn Entscheider bei Gericht mit populären Urteilen sich selbst etwas Gutes tun? Der „Reporter“ jedenfalls wusste als Hobbysportler, dass Fußballer eitel sind, und erkannte geschäftstüchtig: „Richter sind das auch.“
Der längste Beitrag vereinte die drei Darsteller in einem Beitrag zum Thema Revision: Die zuständigen Prüfer saßen nach angefochtenen Urteilen kaum motiviert beisammen – gekommen waren statt der vorgeschriebenen fünf erst nur zwei. Die Szene zog sich zwar etwas und reihte zuweilen mehr Kleingags aneinander: Dass diese Kommission eigentlich fünf Köpfe, also zehn Augen brauchte, führte zum Wortwechsel: „Fünf Augen wäre ja wie Ahab.“ „Der Kapitän? Aber das war doch ein Holzbein.“, dann über Pinocchio bis hin zu einem „Fischer“. Der freilich mochte doch wieder gut passen, denn die Anspielung wird Thomas Fischer gemeint haben: Der frühere Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof wurde mit engagierten Kommentaren zu Recht und Politik öffentlich bekannt. Ein Bruder im Geiste, darf man vermuten.
Man kann sich vorstellen, dass die Sicht der Truppe auf unser Rechtssystem nicht nur Freunde hat. Nachher war zu hören, dass zwar durchaus Anwälte zu den Auftritten der Truppe kommen, aber Richter und Staatsanwälte eher nicht.
Doch ging es den dreien sicher nicht um ein Urteil gegen einen Berufsstand. Eher erinnerte der Abend humorig an eigentlich Selbstverständliches: Juristen sind Menschen – und just deshalb mag konzentrierte Macht in ihren Händen wie überall Skepsis verdienen. Oder eben zumindest ein Lachen.