Ein Römischer Kaiser kehrt zurück nach Wuppertal
1947 erlebte „Caligula“ seine deutsche Erstaufführung in Wuppertal. Nun gibt es eine Neuinszenierung im Kleinen Schauspielhaus.
Wuppertal. Was Stuttgart 21 mit dem Theater in Wuppertal zu tun hat? Eine ganze Menge, sagt Sven Kleine. Der Dramaturg, der die aktuelle „Caligula“-Produktion betreut, sieht durchaus Parallelen zwischen der schwäbischen Protestzone, dem Bergischen Land und dem Römischen Reich.
Das Stück um einen jungen Kaiser, der nach dem Tod seiner geliebten Schwester alle Fesseln aus Moral, Recht und Gewohnheit sprengt, „wird kein Historienspiel“, wie Kleine ankündigt. „Wir suchen den aktuellen Bezug.“ Und der führt zu zwei zentralen Fragen: „Ab wann begehrt man auf, und was lässt man alles mit sich machen?“
Für alle, die „Caligula“ noch nicht live erlebt haben, ist der Zug deshalb längst nicht abgefahren: Ab der kommenden Woche gibt es mehrere Gelegenheiten, das Albert-Camus-Stück im Kleinen Schauspielhaus zu sehen. Die erste bietet sich am 20. Januar: Um 20 Uhr feiern Martin Kloepfer (Regie) und Oliver Kostecka (Bühne, Kostüme) Premiere an der Kluse.
Das Team, das in der vergangenen Saison „Die Lotterie in Babylon“ eröffnet hatte, setzt nun auf Caligula (Gregor Henze) und damit auf einen launischen Despoten, der seine Untertanen wie Fliegen auslöscht, wenn ihm danach ist, und befiehlt, den Mond für ihn vom Himmel zu holen.
Ob genau das eine Sternstunde der lokalen Theatergeschichte wird, muss sich erst noch zeigen. Klar ist aber bereits eines: „Für die kleine Bühne ist es eine große Besetzung“, sagt Kleine.
Sven Kleine, Dramaturg
Zwölf Schauspieler und Statisten stehen für denkbar unterschiedliche Charaktere. Caligulas Lehrer, sein Jugendfreund und seine Geliebte, vor allem aber auch die Vertreter der Patrizier-Schicht reagieren sehr verschieden auf den philosophischen Amoklauf. Sie stellen sich Caligula in den Weg oder werden von seinem Charisma angezogen, schmieden heimlich Komplotte oder befolgen öffentlich jede noch so absurde Anordnung ihres Kaisers.
„Wir wollen mit dem Spiegel der Geschichte das Heute reflektieren“, betont Kleine. Ein Vergleich zwischen Vergangenheit und Gegenwart dürfte schon deshalb spannend werden, weil „Caligula“ vor 64 Jahren schon einmal in Wuppertal zu sehen war. Die deutsche Erstaufführung wurde 1947 parallel in zwei Städten gefeiert: in Wuppertal und in Stuttgart. Womit schon jetzt bewiesen wäre: Beide Städte haben Entscheidendes gemeinsam. Ein Schelm, wer nun denkt, dass das Aufbegehren ganz wesentlich dazu gehört.
Schlagzeilen machen jedenfalls beide Städte: Stuttgart durch den Bürgeraufstand beim Bahnprojekt, Wuppertal durch den Bühnen-Protest mit Blick auf das Sparpaket. Wer weitere Parallelen sucht und das Theater nicht verpassen möchte, kann sich unter der Rufnummer 569 4444 Premieren-Karten sichern.