Einladende Wolkenschlösser
Der Skulpturenpark zeigt prächtige und fantasiepralle Arbeiten von Thomas Virnich.
Wuppertal. Wundersame Wolkenkuckucksheime stehen und hängen in der großen Glashalle im Skulpturenpark: Der Bildhauer Thomas Virnich hat sein Mönchengladbacher Wohn- und Atelierhaus erst in Pappe, Stoff und Holz nachgebaut, dann die einzelnen Elemente aufwändig abgeformt und in Bronze gegossen. Zwischen den Hauselementen wellen sich große muschelige Formen, ein steiles Wendeltreppchen baumelt im Raum, eine goldene Kugel, kleine Figuren und wirbelförmige Elemente verteilen sich auf den Objekten.
Manche Konstruktionen sind aus Pappe, andere aus tonnenschwerer Bronze, wirken aber ebenso leicht. Virnich hat eigentlich „am liebsten Material, das vergänglich ist, aber ich habe auch keine Angst vor Bronze“. Er verwebt die Häuser ganzer Stadtviertel ineinander und lässt sie zugleich auseinanderstreben. Seine Darstellung eines Flugzeuges schließt den holprigen Landevorgang mit ein — entsprechend lang ist die Skulptur.
Die beiden größten Bronze-Arbeiten hat Thomas Virnich eigens für die neue Ausstellung im Skulpturenpark angefertigt, eine wandert danach dauerhaft in den Park. Man möchte sie fast für gigantische Keramiken halten, weil sie so vielfarbig sind - das ging bei Bronze bisher gar nicht. Virnich hat aber eine ganz neue Glasur entwickelt, die er der Bronze einbrennt.
Der Bildhauer, 1957 in Eschweiler geboren, war gleich nach dem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie auf Erfolgskurs. Er arbeitete für den renommierten Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann, hatte große Ausstellungen im Kunsthaus Zürich und in Spanien, wurde viel gesammelt, unter anderem vom Ehepaar Ludwig.
Doch dann erlitt er einen schweren Schlaganfall, lag eine Weile im Koma und konnte nach dem Aufwachen nicht sprechen. Die Sprache hat er sich entgegen der Prognose der Ärzte zurückerobert. Die Erfahrungen aus jenen Monaten jedoch schlagen sich bis heute in seiner Arbeit nieder. „Helter Skelter“ — das Durcheinander einer Welt, die aus den Fugen gerät — ist die Schau treffend betitelt. Seither forscht er den inneren Strukturen der Dinge nach. Das Äußere stülpt er gern um, damit man die andere Seite sieht.
„Als energischen und eigensinnigen Studenten“ hat Tony Cragg den jungen Kollegen schätzen gelernt. „Er gehörte nie zu einer Richtung oder Künstlergruppe. Er ist immer nur Thomas Virnich — und das reicht.“ Cragg lobt den lockeren Umgang mit dem Material und schwärmt von Virnichs Atelier: „Aus jeder Ecke sprießen da die Skulpturen, das ist eine ganz verrückte Eigenwelt — sehr erfrischend im Gegensatz zu den kühlen Strategen, die man sonst oft trifft.“
An die 30 Virnich-Skulpturen sind in und an der Glashalle sowie in der Villa zu sehen — die meisten sind eine Einladung zur Traumreise.