Kolumne Glück durch Solidarität ist Basis für gute Ideen

Einige Anzeichen sprechen im Moment dafür, dass es sich für einen großen Teil meiner Generation, zumindest den Teil der Besitzlosen, offensichtlich nicht gelohnt hat, sich anzustrengen.

Tine Lowisch vom Freien Netzwerk Kultur.

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Einige Anzeichen sprechen im Moment dafür, dass es sich für einen großen Teil meiner Generation, zumindest den Teil der Besitzlosen, offensichtlich nicht gelohnt hat, sich anzustrengen. Die schöne Idee, sich über so viele Jahre arbeitsfreudig, leistungsbereit und darüberhinaus auch noch durchgängig erreichbar zu zeigen, war offensichtlich einfach falsch. Müde, fast schon ohnmächtig und jetzt auch noch corona-gebeutelt, blicke ich auf diese im Ergebnis gesamtwirtschaftliche Misere und möchte nicht versäumen, mich an dieser Stelle vor allem bei meinen Eltern, einmal im Himmel und einmal auf Erden, von ganzem Herzen zu entschuldigen.

Die Lage, in der ich mich als Künstlergattin im Kultur-Lockdown, der nicht enden will, befinde, empfinde ich tatsächlich als selbstverschuldet und mich und meinen Einsatz für die Kunst erkenne ich als fast schon naiv. Jetzt könnte ich natürlich unendlich enttäuscht sein über eine Gesellschaft, die ihr demokratisches Ur-Versprechen nicht hält, dass freie Bürgerinnen gleiche Chancen haben sollen und sich theoretisch jeder, der sich abrackert, selbstwirksam in die Lage versetzen kann, es von unten nach oben zu schaffen.

Als unternehmungslustige Frau in den besten Jahren, wenn es stimmt, dass die Über 50-Jährigen nach einer gerade ausgewerteten Studie wohl ansteigend mit den Jahren immer zufriedener sind, hoffe ich nun, dass die Zufriedenen in meiner Altersgruppe, die mit den erwarteten unverdienten Vermögen, die Erben der Eliten, mir jetzt endlich mal helfen. In dem sie mir zum Beispiel den einen oder anderen wohlgeformten Stein aus dem Weg räumen und mir so meinen Schneid einfach abkaufen.

Darüberhinaus, ich greife jetzt nach den Sternen, könnten mir meine alten Schulfreunde auch noch etwas fest versprechen: einen neuen, alten Deal, der vielleicht New Donor Pride heißen könnte. Der neue Schenkende oder der neue Stifter, die neuen Stiftungen oder wie man heute sagt Foundations, hinter denen oft große alte Vermögen arbeiten, würden dann nicht mehr nur die Erträge ihrer Vermögen freigeben. Sie würden ihre hohen Geldberge freiwillig, vielleicht ja auch nur ganz zart abtragen und mit offen zugänglichen Plattformen versehen.

Es ist im Grunde sehr einfach, Tafelberge zu schaffen und so gemeinnützigen Zwecken auch bei niedrigen Zinsen weiterhin eine gute Aussicht auf Erfolg zu versprechen. Der Stolz der Schenkenden hätte dann zwar keinen Ewigkeitsanspruch mehr, aber die latente Scham derjenigen, die Gelder aus Stiftungen zugeteilt bekommen, würde sich in Zuversicht und echtes Glück verwandeln. Anerkennung, Glück und Begeisterung erzeugt durch Solidarität - ja, das ist oft die schöne Basis, auf der Menschen zu wirklich guten Ideen kommen. Zu guten Ideen für alle.

So entsteht die gesellschaftliche Kraft, mit der wir dafür sorgen könnten, dass sich die vielen Schichten in unserer zunehmend diversen Gesellschaft gut ordnen. Am besten verpflichten wir uns zu einer Neuverteilung der Karten. Gemischt mit Fairness und ausgeteilt ohne Angst. Pragmatisch und empathisch gespielt durch kühnes Ausprobieren voller Selbstvertrauen, wie es nur noch echte Künstler tun.

Sonst werden diese Künstler, so ist mein Zukunftsgefühl, ihre Aussagen schon sehr bald neu und äußerst ungewohnt wieder mit einer ordentlichen Portion politischer Neugier würzen. Denn es geht jetzt um eine Abwendung von Abwegen in Sackgassen bis in die Endlagen. Hin zu einem wirklich kreativen, ernsthaft fürsorgenden Tribut, der gezahlt werden muss. Mehr können wir im Moment nicht unternehmen. Wie unsere Enkel damit zurechtkommen, wird sich zeigen.