Interview Schmidt-Hermesdorf: „Jeder fragt nach dem neuen Reiter, keiner nach dem alten Pferd“

Interview Gut einen Monat, nachdem Gerhard Finckh in den Ruhestand gegangen ist, ist das Von der Heydt-Museum ohne neue Führung. Dabei war eine Nachfolgerin ausgewählt worden. Der Vorsitzende des Kunst- und Museumsvereins nennt Gründe.

Joachim Schmidt-Hermesdorf führt den Kunst- und Museumsverein an.

Foto: Andreas Fischer

Ende April ging Gerhard Finckh in den Ruhestand, das Von der Heydt-Museum wird derzeit von seiner Stellvertreterin Antje Birthälmer geleitet. Die Nachfolge für den Direktorenposten ist einen guten Monat später offen. Eine von der Stadt im Bewerberverfahren ausgewählte Kandidatin wurde bislang nicht offiziell inthronisiert.

Stattdessen gab es Beratungs- und Gesprächsbedarf bei den Gesellschaftern der Von der Heydt-Museum gGmbH, deren Geschäftsführung die neue Chefin des Museums ebenfalls inne hätte. Derzeit führt Norbert Brenken, ehemaliger Vorstand der Sparkasse, ehrenamtlich die Geschäfte. Aktuell steht ein zweites Bewerberverfahren vor der Tür.

Joachim Schmidt-Hermesdorf, Vorstandsvorsitzender des Kunst- und Museumsvereins, einer der Gesellschafter der gGmbH, erklärt im Gespräch mit der WZ, was der Kooperationsvertrag zwischen Stadt und gGmbH damit zu tun hat, warum er sich lieber „um das alte Pferd als um einen neuen Reiter“ kümmern möchte und wie er die Zukunft des Museums sieht.

Was hat es mit dem Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Von der Heydt Museum gGmbH auf sich?

Joachim Schmidt-Hermesdorf: Der Vertrag wurde 2012 geschlossen, weil die Stadt in den Nuller Jahren in finanzielle Nöte geraten war und einen Einstellungsstopp verhängt hatte, durch den das Museum am Ende ohne Personal dagestanden wäre. Ich kam auf die Idee, eine gemeinnützige Gesellschaft zu gründen, die sich um den Ausstellungsbetrieb kümmert, während die Stadt im Gegenzug das Gebäude und das Personal stellt, das damals noch aus 25 Leuten bestand. Aktuell haben wir nur noch 19. Damit können wir unsere Qualitätsansprüche nicht erfüllen.

War der Personalabbau nicht abzusehen?

Schmidt-Hermesdorf: Doch, es war klar, dass die Stadt aus Sachzwängen heraus weitere Stellen abbauen musste. Deshalb wurden damals als Untergrenze 19,09 Stellen festgelegt. Bei der Unterschrift haben alle noch gehofft, dass es schon irgendwie gehen werde. Aber heute wissen wir: Es geht nicht. Die Wirklichkeit hat uns eingeholt.

Was hat das mit der Nachfolge von Gerhard Finckh zu tun?

Schmidt-Hermesdorf: Weil es für den neuen Chef des Museums wichtig ist, was er vorfindet. Jeder fragt nach dem neuen Reiter (des Museums), keiner nach dem alten Pferd (dem Museum). Er muss das Museum in die Zukunft führen, damit es sich im Wettbewerb um die Besucher behauptet. Und da muss er sich für die Digitalisierung interessieren, ein Konzept, mindestens aber eine Idee haben. Ich erwarte keine Patentrezepte. Es geht nicht nur um die Arbeit mit der Sammlung, die immerhin mit einem Wert von 770 Millionen Euro in der Bilanz der Stadt veranschlagt wird. Aber weil wir uns erstmal keine großen Ausstellungen mit teuren Ausleihen leisten können, ist die Präsentation der hervorragenden Sammlung, die stetig wächst, wichtig. Wir brauchen jemanden, der das Museum nach vorne bringt.

Dennoch, wie weit ist die Nachfolgesuche Finckhs gediehen?

Schmidt-Hermesdorf: Der/die neue Museumsleiter/in wird auch Geschäftsführer/führerin der gGmbH. Die Gesellschafter wurden aber erst beteiligt, als die Stadt ihre Zusage an eine Kandidatin gemacht hatte. Wir haben nachgedacht und können keine unbefristete Zusage geben, die bei Geschäftsführerposten in Unternehmen auch nicht üblich ist, sondern können nur eine Zusage für vier Jahre anbieten. Übrigens hatte auch Gerhard Finckh zunächst einen befristeten Vertrag. Die Neubesetzung der Direktorenstelle ist für uns Anlass, die inhaltliche und strukturelle Ausrichtung des Museums zu überdenken. Wir haben ein zweites Auswahlverfahren eingeleitet, an dem der Beirat der gGmbH mit Unterstützung von Experten beteiligt ist. Wir wollen die Museumsleitung qualifiziert besetzt wissen, weil wir mit der Position des Geschäftsführers in der gGmbH zusätzlich eine erhebliche Vergütung und große Gestaltungsfreiheit bieten können, die der Kandidat als städtischer Museumsleiter nicht hat.

Und der Kooperationsvertrag?

Schmidt-Hermesdorf: Der läuft 2022 aus. Wir diskutieren mit der Stadt, wollen natürlich unter anderem mehr Stellen, und sind zuversichtlich, dass wir eine positive Lösung finden. In der Zwischenzeit werde ich mich für drei wissenschaftliche Mitarbeiter einsetzen, die sich um die Provenienzforschung, Digitalisierung und das Ausstellungsmanagement kümmern. Das überstrapazierte Team des Museums muss jetzt entlastet werden.

Sehen Sie für das Museum schwarz?

Schmidt-Hermesdorf: Nein! Wir haben eine Ausstellungsplanung bis 2021, der Umzug der Verwaltung steht an, wir treiben die Digitalisierung voran und wir suchen Personal. Nicht zu vergessen: Ich habe den Mitarbeitern zugesagt, dass ihre Zukunft zumindest in den nächsten drei Jahren gesichert ist. Wir bemühen uns in Abstimmung mit der Stadt, das alte Pferd neu zu satteln. Und ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt.