Wuppertal Sound of the City endet mit einem fulminanten Abend in der Oper

Wuppertal · Lesungen, Konzerte und Dragqueens gab es für das Publikum zu sehen.

Das Sinfonieorchester Wuppertal, der Opernchor und die Gesangssolisten Ralitsa Ralinova (Sopran), Iris Marie Sojer (Mezzo), Sangmin Jeon (Tenor) sowie Sebastian Campione (Bass).

Foto: Max Höllwarh

Das war es dann. Im Jazzclub Loch wurde David „der liebe J.“ Becher zum Bürgermeister der Nacht gewählt (die WZ berichtete ausführlich darüber). Und nur fünf Tage später ist alles wieder so, als wäre nichts gewesen. Denn er hat in dieser Zeit die Erkenntnis gewonnen, dass die Nachtschwärmer auch allein zurechtkommen: „Weil ihr das allein könnt, lege ich das Amt nieder. Macht was draus. Gute Nacht“. Dann legte er nach seiner Abschiedsrede im Eingangsfoyer des Opernhauses die Amtskette ab und überließ die zahlreichen jung und jung gebliebenen Freunde, die gerne die Nacht zum Tag machen, ihrem Schicksal.

Becher hatte recht. Auch ohne ihn tummelten sich alle in der altehrwürdigen Kulturstätte vergnügt herum. Es war auch einiges los am letzten Abend („Nacht.Leben“) des diesjährigen Festivals „Sound of the City“ mit der Bezeichnung „Wuppertal@Night“. Ganz oben im kleinen Foyer las packend Schauspielerin Silke Buchholz zu effektvollen Beats aus der Trilogie „Das Leben des Vernon Subutex“ von Virginie Despentes, eine um Sex, Porn und Drugs kreisende Abstiegsgeschichte.

Das Kronleuchterfoyer gehörte der Dragqueen-Truppe „DraX Cologne“. Sie legte an der Treppe und auf einer kleinen Bühne zu Rock/Pop aus den Lautsprechern etwa von Tina Turner eine fetzige Show aufs Parkett. Zwischendurch boten Bariton Hubert Wild (natürlich auch im Frauengewand) und am Flügel Michael Cook im silbernen Outfit und weißen Schuhen erstklassig vorgetragene Kunstlieder, die die Nacht zum Thema haben (etwa Robert Schumanns „Einsiedler“).

Mechthild Großmann
rezitiert erstklassig

Diese beiden Programmnummern bildeten den Rahmen zum großen Event auf der Opernbühne. Das Sinfonieorchester Wuppertal, der Opernchor und die Gesangssolisten Ralitsa Ralinova (Sopran), Iris Marie Sojer (Mezzo), Sangmin Jeon (Tenor) sowie Sebastian Campione (Bass) hatten sich dort eingefunden. Los ging es unter umsichtigen Leitung von Kapellmeister Johannes Pell mit Modest Mussorgskys fein gespielter sinfonischer Dichtung „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“. Gegen Ende fuhr der Rest des Operngrabens hoch. Mechthild Großmann – langjähriges Mitglied des Tanztheaters Pina Bausch und bekannt als Staatsanwältin Wilhelmine Klemm im Tatort Münster – erschien, an einem Tisch sitzend. Dank ihrer rauchigen Stimme und erstklassigen Rezitationskunst ließ sie die männerfressende, lasterhafte 79-jährige Thérèse aus Blaise Cendrars‘ Roman „Madame Thérèse“ zur allgemeinen Freude glaubhaft lebendig werden. Unterbrochen wurde sie nur ein paar Mal vom Orchester und allen Sängern, die passend dazu Igor Strawinsky „Les Noces“ (die Bauernhochzeit) geschmackvoll zum Erklingen brachten.

Zu vorgerückter Stunde, nach Mitternacht, schmiss schließlich DJ Colkin im Kronleuchterfoyer seine Anlage an und sorgte für laut-groovende Rhythmen.