Historischer Stoff, neue Musik: Bühnen kündigen „Aufstand“ an

Feridun Zaimoglu hat eine Kammeroper mit Lokalbezug geschrieben. Es geht um die Revolution im Mai 1849.

Wuppertal. So kann’ s gehen: Ursprünglich war ein Doppel-Programm im Kleinen Schauspielhaus geplant. Zwei Kammeropern sollten in der Spielzeit 2010/2011 an einem Abend über die Bühne gehen — als Uraufführung mit Blick auf den Türkei-Schwerpunkt der Saison.

Dann jedoch kam alles anders. Librettist Feridun Zaimoglu und sein Mitautor Günter Senkel gaben einen Vorentwurf ab, der klarmachte: Hier entsteht kein kleines Beiprogramm, sondern ein großes Stück Kammeroper für einen ganzen Abend.

Das Konzept gefiel der Führungsriege der Wuppertaler Bühnen — und soll nun auch das Publikum überzeugen. Dramaturg Johannes Blum zumindest glaubt an das Spannungsfeld, das die Zuschauer ab Sonntag in den Bann ziehen soll. „Ein historischer Stoff aus Wuppertal trifft auf eine heute komponierte Musik“ — so definiert Blum das Theater, das am 4. März um 18 Uhr im Kleinen Schauspielhaus zu erwarten ist. Der Titel ist Programm: Christian von Treskow, der das Ganze in Szene setzt, kündigt einen „Aufstand“ an. Ausgedacht hat sich das ein anderer: Feridun Zaimoglu — in der Türkei geboren, in Deutschland aufgewachsen — nahm sich in Absprache mit den Wuppertaler Bühnen kein Migrationsthema vor, sondern „einen wichtigen, doch eher unglücklichen Moment der Historie des Wuppertals“.

Dafür hat Zaimoglu in ähnlicher Weise Feldforschung betrieben wie bei seinem Roman „Ruß“, der in Duisburg spielt: Eine kurze, konzentrierte Zeit verbrachte er am Ort und wartete suchend nach einem Stoff. Er fand ihn in den turbulenten Tagen der deutschen Revolution in den damals preußischen Rheinlanden. Das heißt: Die Bühnen arbeiten an einer Zeitreise, die zurück ins Jahr 1849 führt (siehe Kasten).

„Eine fast antike Tragödie“ habe Zaimoglu für Wuppertal entworfen, wie Schauspiel-Intendant Christian von Treskow erklärt. „Er vermischt das Private und das Politische.“ So darf das Publikum „keinen heiteren Stoff und auch keine heitere Musik“ erwarten. Von Treskow, der die „Mischform zwischen zeitgenössischer Oper und Sprechtheater“ auf die Bühne bringt, ist gespannt darauf, wie die Zuschauer reagieren werden.

Zumal die Musik, die Enver Yalçin Özdiker komponiert hat, „zwischen klassischer Moderne und Klangskulptur“ angesiedelt sei. Özdiker entlocke dem elfköpfigen Orchester „sehr interessante, ungewohnte Klänge“, wie der Regisseur ankündigt. „Es ist eine sehr zerrissene Musik“ — passend zum Thema. Schließlich geht es um zwei unglückliche Paare — um vier Liebende, die nicht zueinander kommen (können). Historische Kostüme und eine moderne Komposition — eine Kombination, hinter der eine aktuelle Botschaft steckt. Die nämlich, dass Politik drastische persönliche Folgen haben kann. „Zaimoglu beschreibt den Zustand der politischen Lähmung“, sagt von Treskow. „Ein Stillstand, der in eine persönliche Katastrophe führt.“