Jan Brandt: „Wuppertal ist ein apokalyptischer Ort“
„Gegen die Welt“: Schriftsteller Jan Brandt liest am 12. Dezember im „Ort“.
Herr Brandt, am 12. Dezember stellen Sie in Wuppertal „Gegen die Welt“ vor. Wie lang oder auch steinig war der Weg zum Debütroman?
Jan Brandt: Es war ein langer und verschlungener Weg. Ursprünglich wollte ich eine Novelle schreiben, etwas Kurzes. Aber nach zehn Seiten merkte ich, dass in der Geschichte von Daniel Kuper, der sich mit der ganzen Gesellschaft anlegt, mehr steckt, dass ich am Beispiel dieses sensiblen und doch rebellischen Jungen den Untergang des Dorfes in Europa darstellen kann, die Entwicklung von den Achtzigern bis heute, brutal und popkulturell aufgeladen. Den ersten und den letzten Satz wusste ich schon ganz am Anfang, aber es hat dann sieben Jahre gedauert, die Lücke zwischen diesen beiden Sätzen zu füllen.
Könnte die Geschichte auch in Wuppertal spielen?
Brandt: In einem Dorf, wo jeder jeden kennt, hängen alle Geschichten zusammen, das ist ein undurchdringliches Geflecht. Wenn man einmal damit angefangen hat, eine Geschichte zu erzählen, muss man alle Geschichten erzählen. Dieses permanente Aufeinanderbezogensein ist in einer Großstadt wie Wuppertal schwer vorstellbar, wo, rein theoretisch zumindest, jeder sein eigenes Leben lebt. Aber Wuppertal ist auch ein apokalyptischer Ort, ein Ort, der sich durch den Strukturwandel in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Die sozialen Bedingungen sind ähnlich. Und durch das Dorf, in dem mein Roman spielt, fährt auch eine Bahn, allerdings, und das ist dann doch der alles entscheidende Unterschied, keine Schwebebahn, hoch über den Köpfen, sondern eine, die mitten durch die Köpfe der Menschen fährt.
An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?
Brandt: An einem Auswanderer-Roman, der ins Ostfriesland und in den USA spielt. Es geht um die Frage, ob es möglich ist, noch einmal bei null anzufangen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine neue Heimat zu finden.