Musik Katharina Kang kehrt zur Stadthalle zurück
Die Bratschistin und Geigerin lebt jetzt in den USA und tritt in der ganzen Welt auf.
Ein Bratscherwitz gefällig? Die gibt es zwar wie Sand am Meer. Folgender kommt aber von Katharina Kang, die selbst dieses Instrument spielt: „Ein Geiger kann sehr gut Bratsche spielen, ein Bratscher nicht“. Der Schalk sitzt ihr im Nacken, als sie damit rausrückt. Dann gibt sie sich wieder bescheiden, als wir auf der Terrasse bei einem mit ihr seit vielen Jahren befreundeten Ehepaar hier in Wuppertal sitzen. Keine Spur von Starallüren sind merkbar, obwohl ihr Name in Fachkreisen wahrlich kein unbekannter ist.
Nur kurz ist sie nach langer Zeit wieder hier, auf der Durchreise von den USA nach Israel, wo sie unter anderem Antonín Dvořáks Streichquintett aufführt. Anschließend konzertiert sie in Polen. Hier ist sie wegen eines Fotoshootings.
Manche werden sich vielleicht noch an Katharina Kang erinnern, als sie im Oktober 2015 in der Stadthalle gemeinsam mit dem Cellisten Amid Peled und dem Jungen Orchester NRW unter Ingo Ernst Reihl das Doppelkonzert und das Violinkonzert von Johannes Brahms aufführte. Bald, am 13. Januar, tritt sie hier wieder mit diesem Orchester unter Reihl auf. Dann wird sie das hochgradig schwere 1. Violinkonzert von Dmitri Schostakowitsch spielen.
Offen, lern- und wissbegierig sind ihre Augen und Ohren, als wir uns über das Stück und den Komponisten unterhalten, der große Lebensängste während des Stalin-Regimes aushalten musste.
Ja, Kang spielt nicht nur Bratsche. Mit der Geige ging es im Alter von drei Jahren in ihrem Geburtsland Südkorea los. Sie lernte nach der „Suzuki-Methode“. Dabei handelt es sich um eine Unterrichtsform, die von Kindesbeinen an den direkten Einstieg in den Instrumentalunterricht ermöglicht. Weltberühmte Kolleginnen wie Hilary Hahn und Julia Fischer genossen ebenfalls dieses Musikerziehungskonzept.
Mit acht Jahren kam Kang mit ihrer Mutter nach Deutschland. Direkt wurde sie als Jungstudentin an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf aufgenommen, durfte sofort bei der international renommierten Geigerin Rosa Fain in die Lehre gehen. Die ehemalige Schülerin und Bühnenpartnerin von Dawid Oistrach ging erst letztes Jahr nach 37 Jahren Lehrtätigkeit dort mit 88 Jahren in den Ruhestand. Immer noch pflegen Kang und sie einen regelmäßigen Kontakt.
Auf Anhieb ein Vollstipendium bei Pinchas Zuckermann
Schließlich wechselte sie im Jahr 2010 das Land, flog über den Großen Teich in die USA, wo sie bis heute lebt. Dort schaffte sie es auf Anhieb, an der berühmten Manhattan School of Music in New York bei Pinchas Zuckermann ein Vollstipendium zu bekommen. Es war das Erste, das von dem Stargeiger nach fünf Jahren vergeben wurde. Am Cleveland Institute of Music machte sie vier Jahre später ihr Konzertexamen. „Bratsche muss sein“, sagte 2016 Zuckermann zu ihr. Also studierte sie auch dieses Instrument bis Mai dieses Jahres. Seitdem ist sie fest angestellte Solobratschistin im erstklassigen New York City Ballet Orchestra.
Kang hat es unendlich leid getan, dass sie vor etwa einem Jahr ihr Konzert mit Peled hier in der Friedhofskirche ganz kurzfristig absagen musste. Doch ihr waren die Hände gebunden, da just zu dieser Zeit das Verfahren um ihren Antrag auf eine „Green Card“ (unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis) ins Rollen kam. Während dieses Prozesses durfte sie das Land nicht verlassen, wäre doch ansonsten alles für die Katz gewesen.
Nun, ebenfalls seit Mai, hat sie das wichtige Dokument und kann wieder neben ihrer Orchestertätigkeit auf Konzertreisen gehen. Schon jetzt freut sie sich auf das Konzert in der Stadthalle. „Ich liebe Ingo Ernst Reihl“, bekennt sie glaubhaft und lobt im selben Atemzug sein Orchester.
Über ihre weitere Karriereplanung will sie in Ruhe nachdenken. Sie ist dankbar, als Solobratscherin viel Orchesterliteratur lernen zu dürfen. Mit der Bratsche macht ihr die Kammermusik großen Spaß. Viel Freude hat sie aber auch an ihrer Solotätigkeit als Geigerin.