Klang-Marathon: Wenn Mädchen „Knabenmusik“ machen
Das Preisträger-Konzert beweist: Der Deutsche Orchester-Wettbewerb ermöglicht ungewöhnliche Hörgenüsse.
Wuppertal. Nun nehmen sie gelassener auf der Bühne des großen Stadthallen-Saals Platz: Im Preisträger-Konzert des 7. Deutschen Orchester-Wettbewerbs spielen neun Ensembles, die hohe und höchste Punktzahlen erreicht haben, befreit vom Wettbewerbsdruck einen Beitrag aus ihren Wertungsprogrammen.
Das Konzert kann sich sehen und vor allem hören lassen. Ein fetziger Opener ist Gershwins "Strike Up The Band" von der Blue note Big Band aus Rheinland-Pfalz, ehe qualitätsvolle leisere Töne die Ohren der Zuhörer im randvoll besetzten Saal erreichen: Zwei Gitarrenensembles aus Bayern und dem Saarland widmen sich mit exaktem Spiel der Moderne mit einem Stück von Sergio Assad und der klassischen Moderne mit einer Satie-Bearbeitung.
Das Junge Sinfonieorchester Dresden präsentiert den ersten Satz aus der zweiten Brahms-Sinfonie - mit viel Verständnis für die schwelgende romantische Musik. Das Blasorchester Ulmer Knabenmusik (in der übrigens auch Mädchen mitspielen) punktet mit kraftvollem Spiel von "A Movement For Rosa" des Amerikaners Mark Camphouse, der das Stück für Rosa Parks schrieb, die in den 50er Jahren mutig gegen die Rassentrennung eintrat.
Dass sich Mozart auch in der Bearbeitung für Zupforchester gut hören lässt, beweist das Ensemble Roggenstein im sehr einfühlsamem Spiel von zwei Sätzen aus der B-Dur-Sonate. Die elf Bläser vom Münchner Blechreiz versetzen mit einem schwungvollen Marsch von William Byrd ins prunkvolle Barockzeitalter, ehe sie in "Trafalgar Square" von Gordon Langford das Verkehrsgetümmel in der City von London in witziger Weise in die Wuppertaler Stadthalle holen.
Ganz erstaunlich, welch differenzierte und ungewöhnliche Klänge ein Akkordeonorchester hervorbringen kann: In Untergrombach in Baden Württemberg übte man "Spanische Impressionen" von Walter Jacobi ein. "Wir spielen hauptsächlich zeitgenössische Musik, die man sonst nicht von Akkordeon-Orchestern hört", erläutert der Leiter Wolfgang Pfeffer.
Ein schwungvoller und packender "Rausschmeißer" zu später Stunde ist die Suite "Estancia" von Alberto Ginastera, deren verquere Harmonik, wilde Rhythmik und jagende Tempi das Odeon-Jugendsinfonieorchester München mit sichtbarem Spaß an der Sache genussvoll zelebriert.
Dass Martin Maria Krüger die Hans-Lenz-Medaille verliehen wird, ist ein weiterer Höhepunkt und Festakt: Bundestagsabgeordneter Ernst Burgbacher (FDP) ist eigens aus Berlin angereist, um den Präsidenten des Deutschen Musikrates für seine besonderen Verdienste im Bereich des Laienmusizierens zu ehren.