Wuppertal Musik soll an den Holocaust erinnern
„I Believe – A Holocaust Oratorio for Today“ ist am 9. März um 20 Uhr in der Stadthalle zu hören.
Als sich der kanadische Komponist vor etlichen Jahren mit etwa 100 Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren in seinem Land nach dem Holocaust erkundigte, stellte er bestürzt fest, dass nur fünf Prozent darüber Bescheid wussten und nur zehn bis 15 Prozent davon gehört hatten. Zalis brachte dieses Erlebnis stark zum Nachdenken. „Ich muss was tun“, sagte er sich. 2004 setzte er sich an die leeren Notenblätter und fing an, sein umfangreiches „I Believe – A Holocaust Oratorio For Today“ zu Papier zu bringen. 2009 wurde das Werk in Winnipeg, Hauptstadt der kanadischen Provinz Manitoba, uraufgeführt. Nach Europa kam es bereits auch schon. Eine Vorstellung im Januar 2017 im polnischen Lodz wurde sogar mit dem zweiten Kulturpreis gekürt. Nun kommt dieses Stück am 9. März um 20 Uhr im Großen Saal der Stadthalle auf die Bühne.
Völlig zu Recht kommt es auch in Deutschland zur Aufführung. Denn auch hier geraten die Gräueltaten während des Nazi-Regimes nach und nach in Vergessenheit. Immer mehr hört man Sprüche wie „Das ist so lange her, damit wollen wir uns nicht mehr beschäftigen“. Doch der Antisemitismus und die Fremdenfeindlichkeit sind nach wie vor nicht aus der Welt.
Musikreferentin Carolin Sturm von der Kulturabteilung der Bayer-Werke kümmert sich um die Organisation des Projekts. In Lodz hatte sie mitgesungen. Danach stand für sie fest: „Ich will es hier machen“. Sie betont, dass es für Zalis eine Herzensangelegenheit gewesen sei. „Ich musste das schreiben“, so der Komponist. Er betont, dass es ihm mit diesem Opus nicht nur um ein Erinnern beziehungsweise wieder ins Bewusstseinbringen der Grausamkeiten von damals geht. Es ist ihm vielmehr ein großes Anliegen, dass mithilfe der Holocaust-Thematik immer wieder über Rassismus nachgedacht wird. Menschen sind keine Objekte. Jeder hat einen Namen, in den man sich hinein versetzen, ihn verstehen soll. Ein Verständnis füreinander aufzubauen ist ihm sehr wichtig. Es geht ihm also um das Zwischenmenschliche im Hier und Jetzt. Man solle aus dem Holocaust lernen, was Hass auch aktuell gegen Flüchtlinge für Auswirkungen haben kann.
Zwölf Sätze umfasst das ungefähr 75-minütige Oratorium, das Zalis als theatralische Musik bezeichnet. „The way I did it is not Rock and Jazz“ (wie ich es gemacht habe, hat nichts mit Rock und Jazz zu tun). Viele Klangfarben kommen vor. Und die sind so nur mit einem Orchester realisierbar. Für zwei Chöre hat er es unter anderem geschrieben, darunter ein Kinderchor. Zalis dazu: „1,5 Millionen Kinder sind in dieser Zeit umgebracht worden“. Melodien sind ihm wichtig, über die er Emotionen aufbauen will. Mit solchen Mitteln möchte er erreichen, dass jeder etwas für sich was mitnimmt. Diese Erfahrung hat er bereits mehrfach gemacht und führt als Beispiel ein Erlebnis in einer Schule an, als er dort das Werk vorstellte: „Während dieser eineinhalb Stunden war es mucksmäuschenstill. Keiner ging anschließend, alle blieben sitzen“.
An dem Projekt beteiligt sind der Chor der Konzertgesellschaft (Einstudierung: Georg Leisse), der Solitude-Chor Stuttgart (Einstudierung: Klaus Breuninger) und der Leverkusener Kinder- und Jugendchor (Einstudierung: Nicole Jers und Martin te Laak). Die Gesangssolisten Kelsey Cowie (Sopran), Jean-Pierre Ouellet und Marko Zeiler (beide Tenor) sind mit dabei. Sprecher ist Stefan Müller-Ruppert. Es spielen die Bayer-Philharmoniker unter der Leitung von Bernhard Steiner. Gesungen wird auf Englisch. Die deutsche Übersetzung steht im Programmheft. Die Zwischentexte werden auf Deutsch rezitiert.
Das deutsche Klassiklabel „ARS Produktion“ ist darauf aufmerksam geworden. Es wird das Konzert aufnehmen und auf CD veröffentlichen.