Wuppertaler Kultur Lena Vogt macht den Roman der „kleinen Leute“ lebendig
Das erste literarische Solo des Jahres.
Lena Vogt ist in dieser Spielzeit gut beschäftigt. In „Bilder deiner großen Liebe“ nach „Tschick“-Autor Wolfgang Herrndorf spielt sie mitreißend die junge Ausreißerin Isa. Im „Missverständnis“ von Camus darf sie die eiskalte Mörderin geben. Und in der Elberfelder Citykirche legte sie das erste „literarische Solo“ des neuen Jahres hin. Das Publikum wartete dicht gedrängt und gespannt darauf, was das Mitglied des Schauspielensembles nun lesen würde. Als Vogt sich setzte und das Geheimnis lüftete („Hans Fallada, Kleiner Mann – was nun?“), ging ein Raunen durch den Saal.
Dass der Roman gutes Spielmaterial ist, hat in den 70ern die Bühnenadaption von Tankred Dorst und Peter Zadek gezeigt. Was mit Sicherheit an den Dialogen liegt, die der Autor seinerzeit den „kleinen Leuten“ abgelauscht hat. Also den Angestellten und Arbeitern, die die Weltwirtschaftskrise von 1929 mit Arbeitslosigkeit und Existenzängsten strafte. Aus dieser Wirklichkeit formte Fallada lebensechte Charaktere wie den Buchhalter Johannes Pinneberg und seine Freundin, die Verkäuferin Emma „Lämmchen“ Mörschel. Ihren Gesprächen gab Vogt, die in der Hauptstadt Schauspiel studiert hat, eine unverkennbar Berlinerische Färbung. Das war nicht nur den Großstadtszenen angemessen. Es unterstrich auch den Mutterwitz, mit dem die Romanfiguren allen Widrigkeiten trotzen.
Gerade Emma erscheint als Expertin auf diesem Gebiet – eine schöne Vorlage für die Schauspielerin, die mit einem forschen „Lass, Junge, lass, es wird schon gehen!“ die Stimmungskurve nach oben zog. Aufmunterung kann das junge Paar schon zu Beginn des ersten Kapitels – daraus trug Vogt vor – gebrauchen. Pinnebergs Freundin nämlich ist ungewollt schwanger, und die kurzentschlossene Heirat der beiden ist nur vorübergehend eine Lösung.
Mit Leidenschaft in der Stimme zählte die Vorleserin die Werte der Ehe auf („Kameradschaft, Liebe, Freundlichkeit“). Nur um wenige Sätze später auf dem Boden der Tatsachen zu landen: „In der Nähe löst sich alles in tausend Einzelprobleme auf.“ In jedem Fall machte Vogt Lust darauf, sich einmal den ganzen Roman vorzunehmen – und das ist doch eigentlich das Beste, was sich über eine Lesung sagen lässt.
Die Reihe „Das literarische Solo“ wird am 7. Februar fortgesetzt. Dann liest Schauspielerin Julia Wolff in der Citykirche Texte ihrer Wahl. Los geht es um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.