Leo-Theater: Mörderisches Dinner für zehn Gäste
Thorsten Hamer wagte mit Agatha Christies Krimi „Und dann gab’s keines mehr“ ein Experiment, das beim Publikum ankam.
Langerfeld. Zehn Verdächtige werden nacheinander „von der Bühne gekippt“ — bei Agatha Christies Krimi „Und dann gab’s keines mehr“. Jetzt feierte das Stück, dessen Vorlage als das meistverkaufte Werk der „Queen of Crime“ gilt, im Leo-Theater an der Öhder Straße seine Premiere.
Thorsten Hamer und sein Ensemble stellten sich der schweren Herausforderung, einen humoristisch-mörderischen Alptraum für zehn von einem anonymen Gastgeber auf einer Insel zum Tode Verurteilte auf die Bühne zu bringen. „Ein Experiment“, sagt denn auch der in der Inszenierung von Komödien erfahrenere Hamer. Das Ergebnis kam an, das Publikum im ausverkauften Haus zeigte sich amüsiert. Doch neben den komödiantischen Elementen hing die eigentlich höchst spannende Frage nach dem Mörder und dessen nächstem Opfer bei der Inszenierung etwas zu sehr durch.
„Auge um Auge, Zahn um Zahn“: Jeder der zehn zum Dinner im Hause des anscheinend nicht anwesenden Gastgebers Mr. oder Mrs. Onym geladenen Gäste wird bald nach der Ankunft von einer unbekannten Stimme eines Mordes beschuldigt und soll dafür mit dem Tode bestraft werden. Und zwar genau so, wie es die zehn Verse des altes Kinderliedes „Zehn kleine Negerlein“ nacheinander vorgeben. Als der prahlerische Lebemann Mr. Marston (überzeugend: Jan Schulte) diese Ankündigung mit einem Lachen abtun will, erstickt er plötzlich an diesem. Allen wird klar: Die angedrohte Selbstjustiz ist kein böser Scherz, sondern tödlicher Ernst.
Grausiges Schweigen breitet sich angesichts der zehn Figuren auf dem Kaminsims aus, von denen eine bereits umgefallen ist. Wen erwischt es als nächsten unter den sich bis auf einen als völlig unschuldig präsentierenden Angeklagten? Und ist der selbst ernannte Richter unter ihnen?
Schnell erscheint Captain Lombard (Sören Schierhorn) verdächtig — der Einzige, der zu seiner nicht ganz weißen Weste steht und der einen Revolver offenherzig mit sich herumträgt. Doch auch Kommissar William Blore (Carsten Müller) und Staatsanwalt Lawrence Wargrave (Thorsten Hamer), der zusammen mit dem Kommissar versucht, den Mörder zu ermitteln, erscheinen alles andere als blütenrein. Oder war es doch mal wieder der Butler? Schnell verdächtigt jeder jeden.
Auffällige Niveau-Unterschiede in der Darbietung, die nicht immer passend funktionierenden Licht- und Tonelemente wie auch spürbare Längen und der manche Etappen des Krimis etwas zu „abarbeitend“ angelegte Spannungsbogen ließen knisterndes Krimifieber zuweilen vermissen. Der zwischendrin geäußerte Zuschauerkommentar „Spannend wird es ja beim letzten Mord“ sprach angesichts zehn angekündigter Morde und der zweieinhalbstündigen Aufführung Bände. Der für die Rolle des Captain Lombard zu jung erscheinende Schierhorn kann als abgebrühter und flirtender Charmeur nicht ganz überzeugen: Hamers Problematik, für die zudem kurze Probenzeit von vier Wochen für jeden der Charaktere eine passende Besetzung zu finden, war spürbar. Höhepunkte sind das tatsächlich spannend funktionierende Zusammenspiel von Thorsten Hamer als undurchsichtiger Staatsanwalt Wargrave und Carsten Müller als Kommissar. Oliver Wolff gibt den Psychiater Dr. Armstrong erfreulich authentisch und Herbert Ruhnau überzeugt als Butler Mr. Rogers, vor allem in den komödiantischen Aspekten der Rolle.
Bühnenbild: 3 von 5
Ensemble: 3 von 5
Regie: 3 von 5