Von der Heydt-Museum Neue Kleider für alte Meisterwerke

Das Von der Heydt-Museum lässt seine Hauptwerke neu rahmen, um sie besser zur Geltung zu bringen.

Foto: VDHMM

Wuppertal. Die Bäuerin sieht dem Betrachter direkt in die Augen. Vincent van Goghs „Kopf einer holländischen Bäuerin mit weißer Haube“ hat gerade einen neuen mattschwarzen Rahmen bekommen. Er verleiht dem Gemälde mehr Konzentration, der Blick der Frau wirkt jetzt noch intensiver, anklagender.

„Im Idealfall sieht ein Rahmen so aus, als wäre er schon immer da gewesen“, sagt Gerhard Finckh, der Direktor des Von der Heydt-Museums. Das ist aber bei einer ganzen Reihe von Werken nicht der Fall. Das Van-Gogh-Gemälde hatte bisher einen trichterförmigen Rahmen, der das Bild dem Betrachter entrückte. Nun ist man der alten Bäuerin näher, da das Porträt nach vorne geholt worden ist.

Die Schließung des Museums nutzt Finckh, um gut 20 Bildern neu zu rahmen: „Das ist längst überfällig, denn in manchen der alten Rahmen fühlen sich unsere prächtigen Bilder sichtlich unwohl und kommen nicht zur Geltung.“ In den kommenden Jahren soll das Erneuerungs-Programm fortgesetzt werden.

Überraschend oft ist der Rahmen zufällig zum Bild gekommen. „Selten stammen die Rahmen von den Künstlern selbst. Sie hatten häufig kein Geld und haben ihre Bilder einfach mit Latten gerahmt“, sagt Finckh. „Wenn Künstlern ihre Werke selbst gerahmt haben — Ferdinand Hodler etwa hat bewusst breite Rahmen gewählt —, da gehen wir natürlich nicht dran.“ Andere stammen von den ersten Käufern und spiegeln den Zeitgeschmack wider. Oder die Galeristen haben die Leisten genommen, die sie gerade hatten.

Das Von der Heydt-Museum ist im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört worden, was auch viele Rahmen und Bilder in Mitleidenschaft zog. „Da hat man hat in der Nachkriegszeit teilweise zu Notlösungen gegriffen“, so Finckh. Manche Bildern stelle er gar nicht gern aus, weil die Rahmen so hässlich seien.

Alle Bildern bekommen einheitlich entspiegeltes Sicherheitsglas, das fast 100-prozentigen UV-Schutz bietet und bei Bruch in kleine Stückchen zersplittert. Aber jeder Rahmen ist ein Unikat, der sorgsam auf das Bild abgestimmt wird — das macht die Aktion nicht nur zeitlichaufwändig: Pro Werk fällt ein vierstelliger Betrag an.

Die Bilder sollen das Haus dafür nicht verlassen, deshalb kommt der Rahmenbauer ins Haus. Er bringt Musterleisten mit, die Gerhard Finckh, seine Stellvertreterin Antje Birthälmer und Restaurator Andreas Iglhaut an die Bilder halten, um die Wirkung zu diskutieren.

Die mattschwarze Farbe der Holzlatte für das Van-Gogh-Gemälde sieht mit den zarten Rissen aus, als hätte sie schon einige Jahre im Museum gehangen. „Wir benutzen zwei verschiedene Leime, dadurch entsteht ein Spannungsunterschied, der die Farbe leicht platzen lässt. Wie das genau funktioniert, ist ein holländisches Geheimrezept“, sagt der Rahmenmacher. Die Rahmenauswahl erfordert Fingerspitzengefühl: Nicht zu modern sollen sie aussehen, ruhig ein bisschen alt, aber trotzdem lebendig. Deshalb sind die Holzoberflächen nie glatt, sondern sehen immer etwas benutzt aus.

Manchmal stellt man bei der ersten Anprobe fest, dass man sich falsch entschieden hat. Dann müssen die Rahmenbauer nachbessern. „Ein Rahmen sei für ein Bild wie ein Kleid, sagt Finckh: Wenn er passt, strahlt das Bild umso mehr. Manchmal reicht schon ein neuer Farbton. Seitdem Alexej von Jawlenskys „Bildnis Resi“ statt eines olivfarbenen einen schwarz-blauen Rahmen hat, wirkt es ungleich frischer.