Orgelwettbewerb: Ein virtuos-anonymer Kraftakt

Hochkarätige Orgelspieler demonstrierten in der Stadthalle ihre Kunst – und maßen sich im musikalischen Wettstreit.

Wuppertal. Ein schwarzer Vorhang schließt die gesamte Bühne im Großen Saal zum Zuhörer-Raum hin ab: Er soll die Anonymität der Kandidaten gewährleisten. Denn beim ersten internationalen Orgelwettbewerb, den die Stadthalle zusammen mit der Hochschule für Musik ausrichtet, will sich die Jury allein auf das Hören beschränken und vom Auftreten der Probanden nicht ablenken lassen.

Winfried Bönig, Domorganist zu Köln, Konzertorganistin Dame Gillian Weir aus London und Giampaolo Di Rosa, Titualarorganist an Sant´ Antonio in Rom hatten acht Kandidaten von zehn Bewerbern ausgewählt. Die erfüllten die Bedingungen der Vorrunde, ein auf CD eingespieltes, vorgegebenes Programm und hielten dem angestrebten internationalen Niveau stand. In zwölf Stunden hörte die Jury an drei Tagen die Wertungsspiele vor Ort - interessiertes Publikum war zugelassen.

Der Kraftakt war für die Teilnehmer, die nicht älter als 35 Jahre sein dürfen, gewaltig. Aus Wuppertal hat es Roland Dopfer, Kantor und Organist an St. Laurentius bis ins Finale geschafft: "Ich hatte noch mit den Folgen einer Magen-Darm-Infektion zu kämpfen und wusste bis zuletzt nicht, ob ich überhaupt teilnehmen kann. Aber die Vorbereitungen auf den Wettbewerb haben mich immerhin sechs Wochen Arbeit gekostet, deshalb wollte ich unbedingt antreten."

In Wuppertal schätzt man den engagierten Organisten in Konzerten und auf seinen zahlreichen CD-Aufnahmen sehr: Stets überzeugt er mit musikalischer Sensibilität, stilistischer und interpretatorischer Sicherheit und technischer Versiertheit.

Auch in den Wettbewerbs-Runden sind die Pflichtstücke im oberen Level der Schwierigkeitsgrade angesiedelt. Dafür fallen die Preisgelder dann doch recht bescheiden aus. In der Finalrunde am Samstag spielten noch vier junge Organisten.

Warum Roland Dopfer und Johannes Trümpler, der Abteiorganist von Maria Laach mit ausgefallenen Programmen und virtuoser Spielweise letztlich nicht zu den Preisträgern zählen, wird eines der Geheimnisse bleiben, die solche Wettbewerbe stets umwittern. Denn trotz angestrebter Objektivität kann der erfahrene Hörer natürlich an Programmauswahl, Stilistik und Interpretation durchaus beurteilen, aus welcher Hochschule, Kaderschmiede und Professoren-Klasse ein Proband stammt. Der schwarze Vorhang wäre dann nur schmückende und zur Beruhigung beitragende Staffage.

Die beiden Preisträger - der vorgesehene dritte Preis wurde nicht vergeben - sind Jan Croonenbroeck aus Detmold und die Koreanerin Ye-Heun Ju, die mit 1500 und 1000 Euro sowie drei beziehungsweise zwei Konzert-Engagements die Heimfahrt antreten. Dass Ye-Heun Ju als Studentin in der Klasse des Jury-Vorsitzenden Winfried Bönig an der Musikhochschule Köln zu den Preisträgern zählt, macht zumindest nachdenklich.