Professor Higgins ist eigentlich Grafikdesigner

Abends gibt TiC-Schauspieler André Klem den Phonetiker in„My Fair Lady“. Tagsüber arbeitet der 50-Jährige im Büro.

Wuppertal. Eigentlich wollte André Klem schon immer Schauspieler werden. Am Vohwinkeler Gymnasium spielte er in der Schultheatertruppe und hätte danach am liebsten die professionelle Laufbahn eingeschlagen.

Doch die Eltern - der Vater war Einzelhändler - bremsten ihn. "Da habe ich lieber den sicheren Weg gewählt", sagt Klem mit leisem Bedauern. Er wurde Grafikdesigner und hat sein Büro heute im Ölbergviertel.

Obwohl ihn sein Hauptberuf oft bis spätabends auf Trab hält, widmetsich der 50-Jährige intensiv seinem Lieblingshobby, seit seine beidenKinder selbstständig geworden sind. Aufgekeimt war die Begeisterung,als Klem in seiner Zeit als ehrenamtlicher Sportwart beim Tennisclub TCNocken kleine Sketche schrieb und aufführte: "Da hatte ich Luftgeschnuppert."

Anfangs spielte er bei verschiedenen Amateurtheatern mit, ab 2006 nahm er zwei Jahre lang Schauspielunterricht in Bochum, um sich für das TiC-Theater vorzubereiten. "Ich mache alles ganz oder gar nicht", betont er.

Das Casting in Cronenberg war erfolgreich, und in "Currywurst mit Pommes" stand Klem das erste Mal auf der TiC-Bühne und absolvierte einen stressigen Umkleide-Marathon: "Ich habe in der Zeit sieben Kilo abgenommen, aber es hat riesigen Spaß gemacht."

Schnell folgten weitere Hauptrollen: Klem spielte den Dr. Watson im "Hund von Baskerville" und den Schnauz in der "Feuerzangenbowle". Derzeit ist er als Professor Higgins in "My Fair Lady" zu sehen: "Es ist toll, in so einer Produktion zu spielen - das ist eine große Ehre, aber auch eine Herausforderung."

Um seine Stimme fit für bis zu fünf Aufführungen pro Woche zu halten, nimmt er zusätzlich Gesangsunterricht: "Da entwickelt sich Einiges." Und wenn Klem mit seinem Beruf und seinem Hobby fertig ist, entwirft er bis nachts um 2 Uhr auch noch ehrenamtlich das Layout für den "Bühnenbohrer", die Theaterzeitung des TiC-Theaters.

An der Cronenberger Kultbühne schätzt Klem die professionelle Arbeit: "Ich finde es wichtig, mit vielen verschiedenen Regisseuren zu arbeiten, und freue mich, dass ich dort nicht auch noch Kulissen bauen und Karten verkaufen muss."

Doch sein Traum bleibt nach wie vor der Auftritt in einem richtig großen Haus. Deshalb wagt Klem jetzt einen zweiten Anlauf zur professionellen Karriere: Mithilfe der Regisseurin Sabine Kelm bereitet er sich auf die Bühnenreifeprüfung bei der ZAV (Zentrale Vermittlung für Bühne und Film) vor, die er im kommenden Herbst ablegen will.

Sie ist die Voraussetzung für ein Engagement an städtischen Theatern. Ob danach die große Karriere als Schauspieler folgt oder er bei seinem Beruf als Grafikdesigner bleibt, wartet Klem gelassen ab.