Verband Richard Wagner ist mehr als ein Komponist
Dennis Radtke will als neuer Vorsitzender den Wuppertaler Verband beleben.
Es war eine zufällig gehörte Aufnahme von Wolframs Lied an den Abendstern aus Richard Wagners „Tannhäuser“, die etwas in ihm auslöste. Neugierig geworden kaufte sich Dennis Radtke im Alter von 16 Jahren eine CD mit den Highlights der Oper. „Das war meine Eintrittskarte zu Wagner“, erinnert sich der Politiker, der heute 40 Jahre alt, gelernter Industriekaufmann, Europaabgeordneter und seit kurzem auch Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbands Wuppertal ist. Der Verband ist auf Verjüngungskurs und hat viel vor.
1967 wurde der Richard-Wagner-Verband Wuppertal gegründet, heute zählt er knapp 60 Mitglieder. Dennis Radtke ist seit etwa vier Jahren dabei, auch wenn er in Bochum lebt. Durch seine Frau, eine Wuppertalerin, ist er eng mit der Stadt verbunden. Und er weiß, warum es überhaupt lokale Verbände, 45 allein in Deutschland, gibt. Richard Wagner selbst habe sich für einen Verband eingesetzt, weil er finanzielle Mittel für seine Festspiele in Bayreuth brauchte. Und weil er zusammen mit König Ludwig II. eine Akademie zur Ausbildung von Sängerinnen und Sängern seiner Stücke brauchte. Wurzel des Stipendiatentums, das grundlegende Aufgabe und Herzstück der lokalen Verbände – auch in Wuppertal – sei.
Stipendiatentum ist Herzstück der lokalen Verbände
Dafür kooperieren die Wuppertaler eng mit der Musikhochschule und ihrem Leiter Lutz-Werner Hesse, der geeignete Kandidaten vorschlage. „Natürlich stecken auch wir, vor allem Sigrid Brill (vom Vorstand, Red.), viel Zeit rein, sprechen mit den jungen Leuten, schauen uns Videos mit ihren Aufnahmen an“, sagt Radtke. Vier Stipendiaten gibt es pro Jahr, die nicht unbedingt Sänger oder Musiker sein müssen. Alle Berufe, die man am Opernhaus finde, seien geeignet. Bedingung aber sei, dass die Auserwählten ein einwöchiges Treffen der Stipendiaten in Bayreuth wahrnehmen können und nicht anderweitig engagiert sind. In dieser Woche erwartet sie ein eng getaktetes Programm mit drei Vorstellungsbesuchen im und einer Führung durchs Festspielhaus, einem gemeinsamen Konzert, Empfängen bei Festspielleiterin und Richard Wagner-Urenkelin, Katharina Wagner, und im Wohnhaus Wagners, der Villa Wahnfried, sowie Meisterkurse. Radtke: „Wir bieten zwar keine finanzielle Förderung, aber die wichtige Möglichkeit zum Netzwerken.“ Das Auswahlverfahren für die Teilnehmer 2020 läuft derzeit.
Ansonsten sind die Stipendiaten Teil des Programms des Verbands. Jedes Jahr bestreiten sie Anfang November ein Konzert – gerade waren dies Eva Nesselrath (Gesang), Mariana Taipa (Cello) und Lesar Yurtsever. Unter dem Titel „Habet Dank“ standen Wesendonck-Lieder von Wagner, ein Lohengrin-Thema für Cello und eine Klavier-Ballade von Chopin auf dem Programm.
Treffen mit Mehrwert durch vernünftiges Rahmenprogramm
Zu den Aktivitäten des Vereins zählen weiter Ausstellungs-, Opern- und Konzertbesuche. Und der monatliche Jour fixe, der allen Interessierten offen steht. In diesem Jahr kommt noch der Chordirektor der Oper Wuppertal, Markus Baisch, zu Besuch (Kasten). 2020 jährt sich der Geburtstag Ludwigs II. zum 175. Mal – der bayerische König ist Thema der Termine im Februar und März. Um den Komponisten und Wagner-Anhänger, Engelbert Humperdinck, geht es im April, ein andermal berichtet eine Souffleuse aus Köln über ihre Arbeit in Bayreuth. „Bei unseren Treffen geht es um einen Mehrwert durch ein vernünftiges Rahmenprogramm“, betont Radtke.
Für Radtke selbst ist die Musik große Leidenschaft und schöner Ausgleich zur Politik. Die Bayreuther Festspiele hat er mittlerweile dreimal besucht, seine Lieblingsoper ist „Tristan und Isolde“, nachdem er sie bei der Wiedereröffnung des Münchener Prinzregententheaters gehört hatte. Die Magie des Festspielhauses in Bayreuth steigert die Begeisterung, lässt ihn aber nicht unkritisch werden. Er höre, wenn Isoldes Stimme am Ende die Power fehle, sagt Radtke. Dieses Jahr hat er in Bayreuth zum ersten Mal den Parzival erlebt, auch das war ein besonderes Erlebnis an einem besonderen Ort – nicht zuletzt wegen Richard Wagner selbst.