Riesenaufgebot für den Hanswurst
Schüler und Profis proben im Opernhaus für ihr umfangreiches „Pulcinella“-Projekt. Im März ist Premiere.
Wuppertal. Mit 147 Kindern kommt die Probebühne 2 im Opernhaus an ihre Grenzen. Drei Stunden probieren gestern Vormittag Schüler aus drei Grundschulklassen und drei AGs für ihr Stück nach Igor Strawinskys Ballett „Pulcinella“. Entsprechend massiv ist mittlerweile die Lautstärke, die Pianistin hält sich schon die Ohren zu.
Die Kinder haben schon einen Eindruck bekommen, wie riesig und verwinkelt dieses Opernhaus ist und dass eine Aufführung nur durch ziemlich viel Arbeit entsteht. Doch noch ist schwer vorstellbar, wie sich dieses Gewusel bis zum 7. März zu einer Aufführung fügen soll.
Die Beteiligten sind jedoch entspannt und zuversichtlich. „Das ist erst die erste gemeinsame Probe, es kommen noch bestimmt zehn weitere. Hier fügen wir zusammen, was die Kinder seit September in ihren einzelnen Gruppen erarbeitet haben“, sagt Regisseurin Kirsten Uttendorf. „Wenn sich mal alle als Teil des Projektes mitverantwortlich fühlen, wird das wunderbar klappen.“
Das Sinfonieorchester wird die Aufführung begleiten, bei der Probe gestern war das Education-Team mit Nicola Hammer, Gerald Hacke und Martin Schacht vollständig versammelt. Aus dem Opernensemble wirken Catriona Morrison, Simon Stricker und Mark Bowman-Hester mit. Kostüme und Bühnenbild haben die Schüler in den beiden Klassen von Andrea Raak entworfen, Claus Stump wird das Material koordinieren.
Die Geigerin Gunda Gottschalk hat mit „Pulcinella“ ein Riesenprojekt angestoßen: „Ich habe etwas Ähnliches mit dem Brandenburgischen Staatsorchester gemacht. So ein gutes und sinnvolles Projekt wollte ich auch in Wuppertal umsetzen, vor allem weil wir hier schon die Voraussetzungen dafür haben. Es gibt durch die Initiative Kultur am Vormittag, für die viele verschiedene Künstler einmal in der Woche mit Grundschülern arbeiten, ja die guten Kontakte zu den Schulen.“
Kirsten Uttendorf hat ein grobes Gesamtkonzept vorgegeben, dann haben die Schüler ihre eigenen Ideen zu dem Stoff um den neapolitanischen Hanswurst Pulcinella entwickelt. „Natürlich muss man sich ständig abstimmen, damit die Teile später zusammenpassen“, sagt die Regisseurin.
Die Frauen- und Paargeschichten habe man weggelassen, sagt Gunda Gottschalk. „Wir haben uns auf die Frage konzentriert, was für uns Helden sind. Die Kinder hatten dabei gar keine Superstars im Kopf, sondern eher Menschen aus ihrer Umgebung oder den Klassensprecher.“
„Liebe ist langweilig“; „Liebe ist Glück“; Liebe ist Adrenalin“, „Liebe lohnt sich“: Die Jugendlichen rufen ihre Definitionen in den Raum. Sie stehen sich auf Podesten gegenüber, rücken immer eins höher. Erst kommen die Sätze leise und zögernd, allmählich fühlen sich die jungen Darsteller auf der Bühne wohler, reagieren Schlag auf Schlag. Erstaunlich schnell hat Kirsten Uttendorf aus dem Spielmaterial eine überzeugende Szene geformt.
Julie Shanahan vom Tanztheater Pina Bausch trifft sich jede Woche mit ihrer Tanz-AG, „alles Mädchen zwischen 13 und 15“. Bei der Probe gibt sie ihnen zwischendurch rasch noch ein paar Tipps, wie sie sich einfacher umeinander drehen können — „doch da muss nichts perfekt sein“, sagt sie. Vielmehr gehe es darum, dass sich die Kinder auf ihre Art ausdrücken dürfen, dass ihnen nicht einfach et was draufgepappt werde: „Sie sollen ein Selbstbewusstsein und ein Gefühl für sich entwickeln.“ Seit fünf Monaten arbeitet sie mit ihnen: „Man fängt an, sie ganz lieb zu haben, auch wenn sie so cool und gelangweilt tun.“