Kolumne Die Pausenbeauftragte der Stadt Wuppertal
Tine Lowisch über eine neue Stelle, die genau in unsere Zeit und zu ihren Fähigkeiten passen würde.
Vor kurzem habe ich im Radio gehört, dass jeder vierte Festangestellte auf seine tariflich vorgeschriebene Pause verzichtet und dass die Gründe dafür vielfältig sind. Darüber hinaus wird derzeit der Achtstundentag, der bereits vor rund hundert Jahren – im November 1918 im Stinnes-Legien-Abkommen von Unternehmern und Gewerkschaften beschlossen wurde, in Frage gestellt, obwohl er internationaler Standard ist. Ich finde, unsere Stadt sollte mit einem Pilotprojekt an den Start gehen und in dieser Sache innovativ gegensteuern.
So ergreife ich heute die Initiative, diesen Sachverhalt genauer zu befragen und schaffe mir einen neuen Job, der genau in unsere Zeit und zu meinen Fähigkeiten passt. Vielleicht bezahlt mich ja in Zukunft irgendein europäisches Projektgeld für lebenslanges Lernen. Für das neue Tätigkeitsfeld, das mir da vorschwebt, das der städtischen Pausenbeauftragten, würde ich voll ins Risiko gehen und wechseln. Und das, obwohl ich meinen jetzigen Beruf, ich arbeite seit bald 20 Jahren mit im Atelier meines Mannes, sehr liebe. In der Zeit, die nun zurückliegt, habe ich nachgewiesen, dass ich über eine außergewöhnlich arbeitswillige Grundhaltung und eine sehr hohe Bereitschaft, mich auf unbekanntes Terrain zu begeben, verfüge. Darüber hinaus zeichnet mich vorgelebte Loyalität aus. Ich arbeite immer lösungsorientiert, bin überdurchschnittlich empathisch, querdenkend und innovativ. Begleitet von großer Geduld und dem ausgeprägten Willen den Zusammenhängen, auch wenn sie sich stetig verändern, zu vertrauen.
Zunächst könnte meine Stelle, telefonisch erreichbar unter der 563-, halbtags angelegt sein. Denn bei uns zu Hause fordern die wertvollen ehrenamtlich aufgewendeten Stunden ja noch zusätzlich ihren Tribut. Wie Sie wissen, leite ich in meiner Freizeit zusammen mit meinem Mann bereits seit 5 Jahren sehr erfolgreich die Kunststation im Bahnhof Vohwinkel. Wir sind dort ein assoziiertes, nichtkommerzielles Projekt des Bürgerbahnhofs - im Rücken wunderbar gestützt von unserem Bürgerverein, mit dem Ziel einen denkmalgeschützten Bahnhof und die Peripherie zu revitalisieren. Indem wir vor Ort Kunstverständnis vermitteln. Darüber hinaus arbeite ich intensiv im Vorstand des Vereins Freies Netzwerk Kultur. Realistisch eingeschätzt, könnte meine neu geschaffene Stelle also frühestens 2020 aufgestockt werden. Was genau mache ich also als erste Pausenbeauftragte der Stadt Wuppertal? Immer montags erhalte ich eine zufällig erstellte Liste. Gelistet sind städtische Kollegen, die ich dann entweder überraschend oder abgesprochen an ihrem Arbeitsplatz besuche. Oder ich begleite sie zu Terminen. Ich werde dafür sorgen, dass sie entweder mit mir oder ohne mich garantiert ihre Pause machen. Vielleicht übernehme ich für den Pausenzeitraum die anfallenden Aufgaben. Sollten meine Fähigkeiten zunächst nicht ausreichen, kümmere ich mich um adäquaten Ersatz. Die Abläufe werden also nicht durch Pausen gestört, denn ich garantiere ja, dass immer jemand am Platz ist.
Lieber wäre mir allerdings, die Kollegen würden mich aktiv einladen. Ich denke, wir würden ermutigende Gespräche führen, unterschiedliche Aspekte zu den aktuellen Fragen unserer Zeit durchdenken und viel voneinander lernen. Wir werden uns mit Sicherheit gegenseitig inspirieren und fitmachen für eine veränderte Arbeitswelt, die ja bereits vor der Tür steht. Denn wie wir in Zukunft mit Pausen umgehen, wenn vieles, was wir können durch digitale Prozesse ersetzt wird, sollten wir heute schon üben. Es wäre gut für Wuppertal, dies vorausschauend und slow bei Künstlern zu lernen. So, wie es auch bei mir war.