Ulle Hees: Eine Skulptur zu Pina Bausch ist in Arbeit
Interview: Die bekannte Wuppertaler Bildhauerin spricht über ihre Pläne und einen neuen Katalog.
Wuppertal. Auch mit nunmehr 70 Jahren steckt die Künstlerin Ulle Hees voller Tatendrang. Die WZ sprach mit der Wuppertalerin über geplante Werke, künstlerische Vorbilder und ein neues Werkverzeichnis.
Frau Hees, Sie haben gerade Ihren 70. Geburtstag gefeiert. Doch so etwas wie Ruhestand gibt es ja für eine aktive Künstlerin nicht. An welchen Projekten arbeiten Sie gerade?
Ulle Hees: Mit dem Bildhauer Frank Breidenbruch möchte ich ein Porträt der 1869 in Elberfeld geborenen Frauenrechtlerin Helene Stöcker erstellen. Denn diese war eine faszinierende, außergewöhnliche Person — voller Frauenpower. Ich habe schon einen ersten Entwurf angefertigt. Außerdem arbeite ich an einer Skulptur zu Pina Bausch. Das mache ich jetzt aber nicht erst als Reaktion auf ihren Tod. Das hatte ich mir schon lange Zeit vorher vorgenommen.
Seit wann war Ihnen klar, dass Sie Bildhauerin werden?
Hees: Das weiß ich schon seit ich elf Jahre alt war. Damals habe ich für die Schule eine Figur der Bremer Stadtmusikanten modelliert. Ich wurde zur Direktorin gerufen, weil man mir erst nicht glauben wollte, dass ich diese Arbeit wirklich selber angefertigt hatte. Seitdem ich dieses Stück geformt habe, hat es mich gepackt.
Welche Künstler haben Sie bei Ihrer Arbeit inspiriert?
Hees: Auguste Rodin und Alberto Giacometti sind Vorbilder für mich, das gebe ich gerne zu. Denn ich bilde mir nicht ein, dass ich etwas Neues mache. Ich mache nur etwas Eigenes.
Ihre Bronzeplastik Mina Knallenfalls, die 1979 auf der Poststraße aufgestellt wurde, kennt so ziemlich jeder in der Stadt. Die Touristen lassen sich mit ihr fotografieren und die Wuppertaler setzen ihr mal eine Nikolausmütze auf, hängen ihr bei Demos ein Plakat um den Hals oder malen sie sogar an. Stört Sie das?
Hees: Nein, im Gegenteil. Es gefällt mir gut, dass mit der Figur so viel geschieht. Ich habe sie extra nicht auf einem Sockel platziert, sondern ebenerdig aufstellen lassen. Sie steht für den normalen Menschen und ist deswegen nicht erhöht.
Wie ist die Knallenfalls-Skulptur entstanden?
Hees: Nach meinem Staatsexamen wollte ich etwas für die Stadt Wuppertal tun und mich als Künstlerin bemerkbar machen. Da kam mir die Idee, die Mina aus dem Buch des Heimatdichters Otto Hausmann darzustellen. Ich hatte sofort eine Idee für diese Figur und habe sie an einem Nachmittag entworfen.
Das Buch handelt von der fiktiven Mina Knallenfalls — einer Frau wie sie vor etwa 200 Jahren im Elberfelder Armenviertel gelebt hat. Dort haben die Menschen auch gehungert. Warum haben Sie diese Figur so füllig gestaltet?
Hees: Die Mina wird als junges hübsches Mädchen beschrieben, da wollte ich keine ausgemergelte Person zeigen. Die Frauen trugen damals dicke Röcke. Und da sie sonst nicht viel hatten, aßen sie häufig Kohl. So schmal sahen sie daher wohl nicht aus. Ich habe mich auch an Fotos und Zeichnungen aus der Zeit orientiert. Da habe ich Frauen aus dem einfachen Volk mit genau dieser Statur gesehen. Und natürlich habe ich ja auch als Künstlerin Interpretationsfreiheit. Ich habe mir die Mina als selbstbewusste Frau genauso vorgestellt, wie ich sie dann gestaltet habe.
Sie haben viele Skulpturen geschaffen, die in verschiedenen Städten aufgestellt sind. Doch nicht alle sind so bekannt wie die „Mina“ oder der „Zuckerfritz“. Wollen Sie deshalb einen Katalog über Ihre Skulpturen erstellen?
Hees: Ja, das habe ich mir endlich mal vorgenommen. Ich habe so etwas nie für so wichtig gehalten, aber jetzt wird es doch mal Zeit. Der Katalog soll einen Überblick über alle meine Arbeiten im öffentlichen Raum geben und auch Skizzen und Vorstudien zeigen. Derzeit bin ich noch auf der Suche nach Sponsoren, um das Projekt tatsächlich verwirklichen zu können.