Konzert Viel Applaus für Surabaya Johnny und Co.
Das Wolfgang Schmidtke Orchestra spielte Musik aus den Pina Bausch-Stücken „Fürchtet euch nicht“ und „Café Müller“.
„Nimm doch die Pfeife aus dem Maul, du Hund.“ Die Freunde des Komponisten Kurt Weill und Schriftstellers Bertold Brecht kennen sich aus: Diese Zeile ist Bestandteil des Songs „Surabaya Johnny“. Dieser Satz diente auch als Überschrift für einen Musikabend im Opernhaus, der wohl nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.
Auf der Bühne nahm – abgesehen von einem fehlenden Gitarristen – eine Big Band Platz, die sich schlicht und einfach „Wolfgang Schmidtke Orchestra“ nennt. Schaute man auf die Namensliste der 15 Mitglieder, wurde einem sofort klar: Das war nicht irgendeine Combo, die für abwechslungsreiche Kurzweil sorgte. Das waren alles Top-Musiker, nach denen man in der Szene nicht zweimal fragen muss. Mike Rafalzcyk (Posaune), Kurt Billker (Schlagzeug), Kristina Brodersen (Altsaxophon) und Bastian Stein (Trompete) sollte man kennen. Aus deutschen Städten (natürlich auch Wuppertal) und Tirol waren sie angereist. Und natürlich Bandleader Wolfgang Schmidtke. Der Saxophonist, Komponist und Arrangeur hatte ein Programm mit Werken zusammengestellt, die in den Pina-Bausch-Stücken „Fürchtet Euch nicht“ und „Café Müller“ vorkommen.
Zunächst wurden vier Arien des barocken englischen Komponisten Henry Purcell vorgestellt: „When I’m laid in earth“, „See even night herself is here“, „Now winter come slowly“ und „Oh let me weep, forever weep“. Wer bislang Zweifel hegte, ob solch alte klassische Musik eine Big Band spielen kann, wurde an diesem Abend eines besseren belehrt. Mit großem Respekt vor Purcells Tonsprache und Kompositionsweise arrangierte sie Schmidtke neu. Selten zuvor hat man einen derart komplexen, differenzierten Bläsersatz gehört. Klassische Polyphonie, orchestrierte Crescendi wie etwa bei Maurice Ravels „Bolero“, eine nach einer Passacaglia anmutende Variationsform bei der letzten Arie, komplexe harmonische Wendungen und Verfremdungen bis hin ins Freitonale, dazu brillante, hochvirtuose Soli machten solch ein erstklassiges Changieren zwischen Klassik und Jazz zu einem ganz großen Erlebnis.
Danach gab es sechs altbekannte Weill-Stücke: neben dem bereits erwähnten „Surabaya Johnny“ die Nummern „Bilbao Song“, „Matrosen Song“, „Der Song von Mandeley“, „Barbara Song“ und „Alabama Song“. Auch diese Tonsatz-Techniken Schmidtkes für großes Jazzorchester ließen keine Wünsche offen. Viel Swing steckte darin. Ständig wechselten die Klangfarben. Ganz allmählich bauten sich die Melodien zur Originalgestalt auf und entwickelten sich weiter. Äußerst sensibel wurde mit Dynamiken umgegangen.
Ein groovender Kontrabass (Harald Eller), ein treibendes Schlagzeug (Billker), Michael Lösch mit seinen kreativen Harmonien am Klavier, eine strahlende Bläserabteilung mit unter anderem lupenreinen Fill-Ins und fetzige Soli waren wesentliche Merkmale, dass diese modernen Versionen spritzig, mit viel Esprit hochmusikalisch und äußerst lebendig vermittelt wurden.
Frenetischer, nicht enden wollender Beifall war der berechtigte Dank für ein großartiges musikalisches Erlebnis. Das „Wolfgang Schmidtke Orchestra“ ließ sich nicht zweimal bitten und spielte den „Barbara Song“ noch einmal.