Kultur Der Wert kultureller Bildung
Rund vierzig Kulturschaffende kamen unter dem Titel „Workspace #ChanceKultur“ virtuell zur Diskussion zusammen.
Fast vierzig Kulturschaffende kamen unter dem Titel „Workspace #ChanceKultur“ virtuell zusammen – für Austausch und Forderungen. Durch den Samstagvormittag führten Uta Atzpodien, Dramaturgin und Kulturnetzwerkerin, sowie Kris Köhler, der mit Gattin Mona im früheren „Müllers Marionettentheater“ das „Theater für Menschlichkeit“ betreibt.
Initiiert war der auf „Zoom“ verlegte Termin vom noch recht neuen Kulturrat Wuppertal. Technisch unterstützt wurde er durch die Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“, deren Leiterin Brigitte Schorn ihn auch mitverfolgte. In zehn Arbeitsgruppen besprachen die Teilnehmer sich, verteilt auf zwei Abschnitte: Bestandsaufnahme und Rückblick sowie Zukunft und Ideen.
Motivierender Einstieg dabei: Sechs der Moderatoren formulierten vorab je eine „Vision“, die eingängig für den Wert kultureller Bildung warben. So bekannte Björn Krüger: „Meine Leidenschaft erfüllt mich jeden Tag mit freudigem Stolz.“ Seine Kritik: Nicht jeder habe die Möglichkeiten, sich als junger Mensch kreativ zu entfalten. Er forderte daher mehr Kooperationen der Kultur mit allen Schulformen, damit sie auch für alle erreichbar sei. Der Wunsch „Kultur für alle“: Bei praktisch jeder vorgestellten Vision war dieser Gedanke vertreten. So auch bei Andrea Raak, Künstlerin und Pädagogin, die feststellte, zwar gebe es im Tal durchaus ein breites Kulturangebot für Kinder, doch in manchem Quartier sei es „spärlich“. Zum Thema „Synergien der Kultur“ warb sie für Zusammenarbeit der Akteure und Sparten – und auch für gegenseitige Inspiration: „Nachmachen wird ein Kompliment sein.“ Bei Uwe Schinkel von „Glanzstoff“ lag ein speziellerer Akzent auf dem „für alle“: Bildet doch diese „Akademie der inklusiven Künste“ Menschen mit Behinderung zu Schauspielern aus. Sein Motto „Barrierefreiheit – oder geht es doch um mehr?“ mochte sich so lesen: Im Entfernen alltäglicher Hindernisse erschöpft die Arbeit für Gehandicapte sich nicht.
Forderung: Erwachsene sollen „Macht“ an Jüngere abgeben
Andreas von Hören, Chef des Wuppertaler Medienprojekts, betonte die Fähigkeit von Kultur, Gestaltungskraft zu entlocken. Mit der Folgerung, Erwachsene sollten Macht abgeben – und gegenüber den jungen Ideen auch mal „Parteilichkeit aushalten“. Ähnlich setzte Tanzpädagogin Natica Gulich aufs „Bewertungsfreie“ und sprach von der Erfahrung, gerade dies lege bei Schülern oft erstaunliche Potenziale frei. Auch hier also der Rat, jungen Leuten Autonomie zuzutrauen – und auf Autorität zu verzichten.
Lars Emrich schließlich, Leiter des Kinder- und Jugendtheaters, nahm Bezug auf die eigene Biografie: Mit der Gelegenheit, schon früh Angebote nach Gusto zu nutzen, habe er „einfach Glück“ gehabt. Ermöglichen müsse die Politik das aber für jedes Kind. Seine „Vision“ schloss mit dem vielleicht prägnantesten Wunsch des Tages: „Kein Glücksspiel für wenige, sondern Glück für alle.“
Bei der Präsentation erwies sich unter anderem die finanzielle Ausstattung als Schwerpunktthema. Auch sonst gilt in der Kultur projektweises Fördern oft als Problem, und das Team um Emrich wünschte sich hier Regelmäßigkeit. Andere hatten sich mit der Frage beschäftigt, ob die Beiträge für Bildungs-Teilnehmer weiter gesenkt werden sollten. Musikerin Eva Högel: „Dagegen vorgebracht wurde bei uns, dass ein gewisser Preis auch Wertschätzung vermittelt.“ Kris Köhler später ähnlich: „Die Gebühren immer weiter senken können wir ja nicht.“ Statt Senken sei eher die Suche nach weiteren Fördertöpfen sinnvoll.
Auch der gesamtgesellschaftliche Nutzen kultureller Bildung hatte mehrere Gruppen interessiert. Dagmar Beilmann von der Börse bemerkte: „Sie bringt die Kommune weiter.“ Und für Högels Team ist Kulturbildung nicht zuletzt ein „Integrationsmotor“. Überhaupt hatte sich herauskristallisiert: Effekte fürs ganze Gemeinwesen – auch das kann ein Pfund sein, mit dem kulturelle Bildung wuchern sollte. Nur einleuchtend daher die Forderung, Kultur solle bekannt machen, was sie leistet; viel Augenmerk galt daher der Öffentlichkeitsarbeit. Denn Wuppertals Kulturszene ist außergewöhnlich aktiv, auch im überregionalen Vergleich – doch wahrgenommen wird das zu selten.