Kultur „Ein Monster, das keine Fehler verzeiht“
Grundlage seines neuen Musikstücks war für ihn eine Begleitmusik für eine African Poetry Performance, an der er gerade arbeitete.
Als der Wuppertaler DJ, Komponist und Musiker Charles Petersohn in den Medien las, dass Ende März wieder der vom Berliner Pianisten Nils Frahm etablierte Piano-Day ansteht, spürte er ein Kribbeln und Verlangen, sich ans Klavier zu setzen, wie er anlässlich seiner neuen Veröffentlichung mitteilte. Jeweils am 88. Tag des Jahres feiern seit 2015 Musikfans weltweit den „International Piano Day“, angelehnt an die 88 Tasten eines Pianoforte. „Meine Hände, meine Finger wollten unbedingt Klavier spielen. Ich bin ihrem Wunsch gefolgt und habe ein bisschen rumgeklimpert. Obwohl ich diese wunderbare Maschine nicht wirklich spielen kann. Ich empfinde so viel Respekt und Liebe für das Klavier. Für mich ist es so etwas wie eine Göttin, aber auch ein Monster, das keine Fehler verzeiht. Es ist ein so aufregendes Instrument.“
Verträumt, cineastisch
und etwas jazzy
Grundlage seines neuen Musikstücks war für ihn eine Begleitmusik für eine African Poetry Performance, an der er gerade arbeitete. „Ich reduzierte das Backing auf ein minimalistisches Gerüst, setzte mich hin und spielte entspannt drauflos. Wieder und wieder und einige Stunden später fühlte und hörte sich das ganz gut an: verträumt, ein bisschen cineastisch und jazzy. Dabei dilettantisch genug, dass ich mich selbst darin wieder erkennen konnte“, so Petersohn, der vor allem ganz bewusst seine Haltung zum Dilettantismus betont und extra hervorhebt. Eine Spielhaltung und Herangehensweise an Musikaufnahmen, wie sie vor allem in der Punkzeit Ende der 1970er-Jahre für viele Musiker und Bands wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit war. Noch am selben Abend mischte er den Track, entwarf auf Basis eines Fotos von Bettina Oswald ein sehr ansprechendes und passendes Cover und stellte spät in der Nacht das Stück auf der Musikerplattform Bandcamp ins Internet.
Herausgekommen ist der sehr entspannte, meditative wunderbare Track „somewhere and elsewhere“. Zu einer simplen Ostinato-Bassfigur, die Charles Petersohn auf einer Marimba eingespielt hat, kommen auf einem Synthesizer behutsam hingetupfte Pianotöne. Das Ganze hat etwas Hölzernes, aber auch sanft Metallisches. Ein meditatives Rondo, verträumt, frei improvisiert und trotzdem sehr melodisch mit Ohrwurmpotenzial. Ein gelungenes Zusammenwirken der 88 Pianotasten, mit afrikanisch anmutenden Instrumenten und Rhythmen. Dazu ganz dezent im Hintergrund kaum wahrnehmbare, hektische, die Slow-Motion-Musik kontrastierende Drumsounds, durchgehend unterlegt mit sehr leisen, eher nur gefühlten, sanften Zirplauten einer Zikade.