Ausstellung Wuppertal ist schön, absurd und hässlich zugleich

Wuppertal · Charles Petersohn und Caroline Schreer zeigen ab 10. Juli im Freibad Mirke ihre spezielle Sicht auf die Stadt im Tal.

Eine Ausstellung entsteht: Caroline Schreer und Charles Petersohn (vorne) im Freibad Mirke.

Foto: Nora Löbbecke

Er sei einfach fasziniert davon, dass es diese Fotos von Wuppertal gebe, „die das umsetzen, was ich musikalisch im Kopf habe“, schwärmt Charles Petersohn. Der 57-jährige Musiker und DJ und die 44-jährige Fotografin Caroline Schreer haben sich zu einer ganz speziellen Hommage an ihre Wahlheimatstadt zusammengefunden. An diesem Mittwoch wird „Wuppertal – ich seh’ dich“, der Titel lehnt sich an eine Ausstellung Schreers an, im Freibad Mirke eröffnet. Gesehen, gehört und interpretiert von den beiden Künstlern sowie Filmemacher Frank N, der ein Video beisteuert.

 Schon einige Zeit wollte Petersohn ein Lied über Wuppertal schreiben. „Aber ich fand lange nicht die passende Musik zur Stadt, hatte immer nur diese Postkartenmotive im Kopf.“ Bis er vor anderthalb Jahren die Fotoserie der gebürtigen Kölnerin Caroline Schreer entdeckte. „Ich war hingerissen davon, dass jemand unsere Stadt so schamlos abbildet, indem sie Motive nimmt, die man so eigentlich nicht sehen will.“ Schreer zeigt das Wuppertal, das sie sie auf ihren Alltagswegen entdeckt, mit Blick fürs Detail, fürs Graue, vermeintlich Hässliche, oft im Ausschnitt, oft provozierend. Eben genau so wie Petersohn, der vor 30 Jahren aus privaten Gründen von Westberlin in die Stadt zog, die „Schönes, Absurdes und Hässliches gemeinsam hat, wie es bei den Menschen eben auch ist“. Der in Wuppertal auch andere Großstädte, Berlin und Detroit, erkennt, „die aus Ruinen, aus dem Nichts etwas geschaffen haben: Ich sehe und höre die Verwandtschaft der drei.“ Die Begegnung mit Schreers Fotos wiederum löste den musikalischen Knoten bei Petersohn, und „ich hatte meine Musik über Wuppertal“.

Sein Song heißt
„Playing marbles on B7“

Diese ist „mein Ohr für die Stadt sowie Caroline Schreer ihren Titel für die Stadt hat“, lächelt der Musikproduzent. Der Song ist viereinhalb Minuten lang, ein elektronischer Blues, mit viel Knistern und subtilen Störgeräuschen, die durch Gesang wieder aufgelöst werden. Elektronische Musik deshalb, weil sie Petersohn das auszudrücken erlaubt, was er hört. Ein großes Studio in seinem Zuhause, wo er die Geräusche, die er im Bus, auf der Straße, im Park oder anderswo mit großer Sensibilität wahrnimmt, in seine Musik einbaut. Der Titel seines Wuppertal-Songs, „Playing marbles on B7“, wurzelt in der Wiedereröffnungsfeier der Wuppertaler Talachse im Jahr 2017. Der als DJ engagierte Petersohn sah damals Kindern zu, die sich auf der autofreien Bundesstraße trollten, und stellte sich vor, wie sie mit Murmeln auf der Hauptverkehrsader spielen.
Petersohn und Schreer lernten sich im Sommer 2018 kennen, suchten gemeinsam nach einem geeigneten, authentischen Ort für ihre Bilder, die bislang noch nicht in Wuppertal gezeigt worden waren. Weil Petersohn das Freibad Mirke liebt, er vom Herzblut-Kampf der Menschen um dessen Erhalt tief beeindruckt ist, für Caroline Schreer wiederum das Bad das Bad ist, traten sie an den Förderverein „Pro Mirke“ und seinen Vorsitzenden Heiner Mokroß heran. Und rannten offene Türen ein. Zwölf großformatige (2 mal 1,10 Meter) Fotodrucke wurden nun an den Außenfassaden der Umkleidekabinen aufgehängt. Außerdem werden am Mittwoch Polaroidaufnahmen der Schreerschen Wuppertal-Motive zum Kauf angeboten. Vom Erlös soll das Bad profitieren.

Zur Ausstellungseröffnung, die von 17 bis 22 Uhr angesetzt ist, gibt es ein Programm: Petersohn wird seinen Wuppertal Song spielen, Urban Soul und Electronic Music auflegen. Im kleinen Saal des Bades wird ein ebenfalls viereinhalb Minuten langes Video gezeigt, das der Wuppertaler Frank N geschaffen hat. Petersohn fand in ihm einen Filmemacher, „der die Morbidität und die Störgeräusche der Musik aufgreift“. Der sein Anliegen konsequent ästhetisch umgesetzt habe und sogar eine Geschichte erzähle.

Beides, Film und Musik, werden auch bei der Finissage am 8. September gespielt – weitere Termine nicht ausgeschlossen. Petersohn freut sich auf die multimediale Ausstellung, die etwas realisiert, „das mir sehr am Herzen liegt“.