Musik Ein origineller Beitrag zum Beethoven-Jubiläumsjahr
Pastorale und mehr vom Ensemble Noisten.
Zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens gibt es im Jubiläumsjahr 2020 zahllose Veranstaltungen zu seinen Ehren. Einen originellen Beitrag liefert das Ensemble Noisten mit seiner CD „Klezmer Pastorale“. Zur Vorstellung der CD gab es Anfang Juli ein Konzert in der Immanuelskirche. Das in Wuppertal ansässige, aber in ganz Deutschland konzertierende Ensemble spielt seit seiner Gründung 1999 Klezmer Musik, baut Brücken zu und pflegt den Dialog zwischen verschiedenen musikalischen Kulturen.
Gründer Reinald Noisten ist nach seinem klassischen Studium der Klarinette durch Giora Feidmann auf Klezmermusik gestoßen. Sie hat ihn nicht mehr losgelassen hat. Klezmer, der ja per se die verschiedensten musikalischen Traditionen in sich birgt, wird vom Ensemble, welches immer wieder auch auf die Sammlungen Moshe Beregowski zurückgreift, improvisatorisch und kompositorisch zu eigenem Leben erweckt und weiterentwickelt.
Zum Jubiläum wurde jetzt die 6. Sinfonie von Beethoven von Reinald Noisten thematisch auseinandergenommen und zur Klezmer-Pastorale variiert. In Moll klingt das Hauptthema gleich so, als käme es von einem Basar des Nahen Ostens und wenn dann Gitarre, Kontrabass und das differenzierte Schlagwerk von Tabla bis zu Kalimba dazu kommen, entwickelt sich tänzerisches Temperament.
Dieses Projekt, ursprünglich mit dem Sinfonieorchester Wuppertal geplant als Gegenüberstellung von Klezmer mit der großen 6. Sinfonie in Originalbesetzung, fiel der weltumspannenden Corona-Pandemie zum Opfer. Dazu entsteht Beethovens „Chor der Derwische“ aus den „Ruinen von Athen“ auf dieser CD neu. Im 10/8 Takt wird die ehrwürdige orientalische Neyflöte angehaucht und angeblasen. Zu solch flotter Sufi-Musik-Mystik wollen sich eigentlich Derwische drehen, kommen aber auch Zuhörer in Trance.
Was hat Beethoven, der große Sinfoniker, der ernste Pianist und Kammermusiker, was hat der mit Volksmusik, mit Weltmusik zu tun? Immerhin hatte im 18. Jahrhundert schon Mozart alla turca komponiert und Ludwig hatte Volkslieder aus Schottland, Wales und Irland vertont, also für damalige Verhältnisse nahezu schon Weltmusik geschrieben. Seine allesumspannende 9. Sinfonie mit dem berühmten Thema, zunächst auf der Gitarre der sonoren Bassklarinette mit dem jüdischen Schalom Alejchem gegenübergestellt, passt durchaus zum dem Ansinnen des Ensembles Noisten, die verschiedensten Kulturen der Welt musikalisch zusammen zu bringen.
Darüber hinaus wird Klezmer Cézanne gewidmet, Klezmer in die Western-Wüste verlegt und „über den Wassern“ gespielt. Ob Erdmännchen Klezmer mögen? „Erdmänner Klezmer“, „erdiger, blusiger, robuster“ Klezmer, kommt ohne fremde musikalische Assoziationen daher, ein freier Einfall, der ehemals bei einem Konzert vom Publikum mit Erdmännchen in Verbindung gebracht wurde, was den Musikern gefiel. Inzwischen sind auch musikalisch Erdmänner daraus geworden. Da wird gehaucht, geblasen, geklopft, gestrichen, gegroovt und die Klezmerseele zu Leben erweckt. Klingt da rhythmisch das berühmte Motiv aus der 5. Sinfonie in Umkehrung an?
Auch tontechnisch von höchster Qualität, bieten diese Klezmer mit ihrer einfallsreichen Musik reines Vergnügen Liebhabern und Fans. Die Besucher des ausgefallenen 5. Sinfoniekonzertes im Juni 2020 hätten ihre Freude an dieser Musik gehabt. Ludwig sicher auch! Ob so ein Konzert doch noch mal zustande kommen kann? Schön wäre es.