Das große Talent vom Stausee

Der 16-jährige Christopher Bootz von der KSG erhält das Triangulum als bester Wuppertaler Nachwuchssportler.

Wuppertal. Auch wenn Talent und Leistungsbereitschaft zusammentreffen, ist der Weg zum Erfolg oft von Zufällen abhängig. Der von Christopher Bootz begann 2003, als der damalige KSG-Trainer Andreas Käfer in der Grundschule Germanenstraße eine Kanu-AG anbot. Christopher, bis dahin sportlich nicht sonderlich interessiert, stellte sich dabei gleich so geschickt an, dass Käfer ihn zum Beyenburger Stausee einlud.

„Ich bin mitgegangen und dann nahm alles seinen Lauf — zum Glück“, erinnert sich der heute 16-Jährige und seine Augen strahlen. Sechs Jahre später, nach behutsamer Aufbauarbeit im Beyenburger Landesleistungsstützpunkt, kann Christopher Bootz im Canadier auf seiner Spezialstrecke über 200 Meter in Deutschland kaum ein Gleichaltriger das Wasser reichen. Er wurde 2010 Deutscher Jugendmeister über die Sprintstrecke sowie im Mehrkampf aus Paddeln, Laufen und athletischen Übungen.

Auch dabei kam ihm die vielseitige Ausbildung durch seinen Trainer Hans-Martin Röse zugute. Röse hat seit drei Jahren wieder die erste Trainingsgruppe der KSG unter seinen Fittichen, die im Canadierbereich bundesweit einen Namen hat. Der 61-Jährige weiß, wie’s geht, war selbst in den 70ern einer der vielen Deutschen Meister vom Stausee, begleitete als Trainer die Brüder Faust 1988 zu den Olympischen Spielen nach Seoul. „Seitdem ist Christopher vielleicht unser größtes Talent, er ist groß, hat nicht zu viele Muskeln, die aber leistungsfähig sind, eine gute Technik und ein hervorragendes familiäres Umfeld“, beschreibt der Trainer die Qualitäten seines Schützlings, ohne andere aus der 13-köpfigen Gruppe zurücksetzen zu wollen.

Im Wettkampf sind Kanuten oft Einzelkämpfer, im Training sieht das anders aus. Zusammen aufwärmen beim Basketball oder Fußballspielen in der alten Halle am Siegelberg, die in ihrem spartanischen Charme schon fast an Kaderschmieden aus DDR-Zeiten erinnert. Danach laufen, Kraftraum, Technik- und Paddelarbeit in den beiden Strömungsbecken nebenan.

„Das macht riesig Spaß, die gemeinsame Arbeit und der Erfolg schweißen zusammen“, sagt Christopher Bootz. Sechsmal die Woche ist Training, dienstags bis freitags von 16.45 bis 19 Uhr am Siegelberg, samstags oft im Hallenbad Ronsdorf, wo von 11 bis 17 Uhr ein Sportprogramm absolviert wird, und sonntags, wenn es geht, am Stausee selbst. Paddeln ist dort bei der derzeitigen Eislage nicht möglich, aber etwas lässt sich Hans-Martin Röse immer einfallen. „Im Winter werden die Regatten gewonnen“, heißt es unter Kanuten.

Den Geschmack des Erfolgs hat Bootz schon gekostet. 27 Gold- und 35 weitere Medaillen von Landesmeisterschaften hängen bei ihm an der Wand. Die deutsche Meisterschaft in diesem Jahr hat für ihn den höchsten Wert, auch wenn er danach bei den Olympic Hope-Games in der Slowakei zwei Goldmedaillen im Zweier und Silber im Einer einfuhr. „Dort konnte ich die Konkurrenz nicht einschätzen. Bei den Deutschen Meisterschaften wusste ich genau, da sind fünf, sechs, die auch gewinnen können. Wenn man auf den letzten Metern dann alles gibt und sich durchsetzt, das ist ein Wahnsinnsgefühl. Dafür lohnt sich das ganze Training“, beschreibt Bootz diese Glücksmomente.

Die letzten 200 Meter, das sind auch auf der längeren 1000 Meter-Strecke seine Spezialität. Oft genug holt er dann noch Rückstände auf. „Auch auf dieser Strecke wird er noch kommen“, prophezeit sein Trainer.

Wohin sein Weg noch gehen kann, darüber macht sich Christopher Bootz keine Gedanken, zumal 2011 erst einmal der Sprung in die Juniorenklasse ansteht, wo die Konkurrenz natürlich größer ist. „Die Schule hat Priorität. Wenn ich merken würde, dass es dort nicht geht, würde ich sofort das Training zurückschrauben“, versichert der 11.-Klässler des Gymnasiums Sedanstraße. „Bisher ist das aber noch nie passiert“, fügt er an.

Sport ist eben seine Leidenschaft und dabei weiß er genau, was er seinen Eltern zu verdanken hat. „Die fahren mich immer zum Training und zahlen schließlich auch für meine Ausrüstung.“ 400 Euro kostet etwa ein Paddel, auch Trainingslager müssen die Kanuten weitgehend selbst bezahlen. Sponsoren wären hilfreich, aber es gibt sie auf dieser Ebene kaum. Was als Lohn bleibt, sind die Erfolge. „Wir werden mit der KSG in Deutschland wieder ernst genommen“, sagt Hans-Martin Röse. Und daran hat Christopher Bootz seinen Anteil.