Spielabbrüche im Fußball häufen sich
Der Kreis will deeskalierend wirken und gleichzeitig seine Schiedsrichter schützen.
„Ein Spiel dauert 90 Minuten“, sagte einst Trainerfuchs Sepp Herberger. Für diese eherne Fußballregel gibt es aber auf den unteren Fußballebenen inzwischen fast an jedem Spieltag Ausnahmen. Die Zahl der Spielabbrüche hat zugenommen, räumt auch der Fußball-Kreis Wuppertal-Niederberg ein. Fast immer ist körperliche oder verbale Gewalt gegen den Schiedsrichter oder andere Beteiligte im Spiel.
Neuestes Beispiel: Ein Spieler von A-Kreisligist FK Jugoslavija hatte am Sonntag im Spiel gegen Germania dem jungen Schiedsrichter den Ball ins Gesicht geworfen, nachdem der ihm wegen eines Ellenbogenchecks die Rote Karte gezeigt hatte. Eine Woche zuvor hatte es auf dem Freudenberg gar zwei Spielabbrüche nacheinander gegeben. Zunächst wollte im Kreisliga-B-Spiel von Gastgeber Germania II gegen Milano der des Innenraums verwiesene Trainer von Milano dem Schiedsrichter seinen Namen nicht nennen. Anschließend prügelten sich beim Kreisliga-A-Spiel Germania gegen Bayer zwei Spieler so heftig, dass die junge Schiedsrichterin die Partie abbrach.
Hat die Gewalt allgemein zugenommen oder sind die Richtlinien schärfer geworden, die DFB und Schiedsrichterausschüsse ihren Unparteiischen mit auf den Weg geben? „Mit Gewalt auf den Plätzen haben wir es schon länger zu tun, allgemein hat der Respekt gegenüber Autoritäten weiter nachgelassen, damit hat ja auch die Polizei zu kämpfen“, sagt Stefan Langerfeld, der Vorsitzendes Fußballkreises Wuppertal-Niederberg. Dass aus anderen Sportarten derartige Häufungen nicht in dem Maße bekannt sind, muss Langerfeld zugeben. „Fußball ist da ein breiter Spiegel der Gesellschaft“, sagt er.
Die Funktionäre versuchen, zu reagieren: Inzwischen gibt es Konfliktbeauftragte auf Kreisebene. Jens-Uwe Baum, der für Wuppertal-Niederberg dieses Amt bekleidet, hatte die Trainer und Spielführer der B-Kreisligisten noch im September zu einem Gespräch eingeladen und eindringlich gebeten, auf dem Platz als Vorbild schlichtend einzugreifen, wenn es gegen den Schiedsrichter gehe. 90 Prozent der Vereine hätten teilgenommen und man sei auch mit dem Konsens auseinandergegangen, dass der Schiedsrichter als 23. Mann zu behandeln ist und man nicht erwarten kann, dass jeder Referee in der Kreisliga Bundesliga-Niveau hat. „Enttäuschend ist, dass es kurz darauf den nächsten Spielabbruch gab, obwohl Vertreter der beteiligten Mannschaften dort anwesend waren“, ärgert sich der Vorsitzende des Kreisschiedsrichterausschusses, Wolfgang Vaak. „Das wirkt doch fatal auch auf den Nachwuchs, den wir dringend brauchen. Gerade haben acht junge Schiedsrichter im Seniorenbereich begonnen. Mal schauen, wie lange sie dabeibleiben.“ Im Vorjahr hätten zwei Unparteiische mit der Begründung aufgehört, dass sie sich so etwas nicht mehr antun wollten.
Seinen Unparteiischen habe man zum Thema Spielabbruch zusätzlich zu den DFB-Statuten zwei Regeln mit auf den Weg gegeben: Sobald der Schiedsrichter angefasst wird, und damit sei nicht die Hand gemeint, der ihm sanft auf die Schulter gelegt werde, ist die Partie abzubrechen. Gleiches gilt bei heftigen verbalen Beschimpfungen. Vaak: „Wenn das Wort Nazi fällt“, ist sofort Schluss.
Er appelliert, wie auch Stefan Langerfeld, an die Fußballgerichte, den Strafrahmen voll auszuschöpfen. Langerfeld: „Ausdrücklich begrüße ich die Maßnahme der Stadt Wuppertal, die dem Spieler, der einen Linder Betreuer brutal geschlagen hat, ein Betretungsverbot für stätische Sportanlagen erteilt hat.“
Der Ballwerfer von Jugoslavija hat inzwischen eine halbjährige Sperre erhalten. Weil sowohl der Übeltäter als auch der Verein das Fehlverhalten voll einräumten, konnte er im schriftlichen Schnellverfahren verurteilt werden, nach der Regel: die Strafe folgt auf dem Fuße. Die Spruchkammern haben ohnehin genug zu tun.
Dass man das Thema Gewalt ganz vom Fußballplatz verbannen könne, da gibt man sich beim Fußballkreis keinen Illusionen hin, will aber demnächst auch Trainer und Spielführer der Kreisliga-A-Mannschaften einladen, um das Thema anzusprechen. Jens Uwe-Baum: „Wenn wir es schaffen, die Fälle dadurch um zehn Prozent zu reduzieren, dann ist das schon ein Erfolg.“