Über Berlin nach Shanghai
Für Sarah Poewe und Christian vom Lehn hat die letzte Phase vor der WM begonnen.
Berlin/Wuppertal. Seit Sonntag wird „getapert“, wie in der Schwimmersprache, die unmittelbare Wettkampfvorbereitung heißt. Nach superharten Trainingswochen können Sarah Poewe und Christian vom Lehn die hohe Trainingsbelastung etwas zurückfahren, um in zwei Wochen bei der WM in Shanghai auf den Punkt Top-Leistung abrufen zu können.
Mittelfristig heißt das Ziel Olympia 2012 in London, und da kann es nichts schaden, sich bei Bundestrainer Dirk Lange zu zeigen. Der hat das WM-Aufgebot bereits seit Samstag in Berlin zusammengeholt, bevor es am 15. Juli nach Shanghai geht.
„Ich freue mich sehr auf die Zeit mit der Nationalmannschaft“, sagte Sarah Poewe der WZ vor der Abreise nach Berlin, wo sie mit Nationalmannschaftskollegin und DSV-Star Britta Steffen ein Zimmer bezieht. „Ich würde über 100 m gerne schneller schwimmen als bei den Deutschen (1:08,69 min., d. Red.)“, gibt Poewe als Ziel an und ergänzt: „Eine sieben vor dem Komma wäre toll.“ Das sollte für einen Finaleinzug reichen. Auf einen Platz will sich Poewe nicht gerne festlegen.
Ihr Heimtrainer Farshid Shami, der seine Schützlinge nach Berlin begleiten darf, traut der 28-Jährigen bei ihrer schon sechsten WM-Teilnahme die Steigerung zu. „Bei der DM hat sie noch ein paar Fehler gemacht, da ist noch Luft nach oben“, sagt er, und gibt zu bedenken, dass sie sich nach jahrelangem Studium in den USA an das neue Trainingsumfeld in Wuppertal erst gewöhnen müsse. Verloren hat sie dort bereits einige Pfunde, sieht topfit aus.
Für Christian vom Lehn ist seine neue Trainingspartnerin ein großer Gewinn. Dass Deutschlands zurzeit beste Brustschwimmer beide auf Küllenhahn trainieren, adelt zudem die Arbeit ihres Trainers. Ist nach vom Lehns Fabelzeit über 200 m Brust bei der DM von 2:08,97 min., mit der er selbst dem im Wunderanzug geschwommenen Deutschen Rekord nahe kam, in Shanghai überhaupt Ähnliches zu erwarten?
„Warum nicht, dafür trainiere ich doch“, sagt der 19-Jährige und lächelt. Dass seine Zeiten bei den jüngsten Wettkämpfen deutlich schlechter waren, stört ihn nicht. „Im Moment bin ich kaputt, aber das wird schon noch. Auch bei den Deutschen habe ich mich vor dem Rennen nicht so gut gefühlt.“ Mit seiner Zeit ist er 2011 bisher der Zweitschnellste in der Welt, doch das ist noch kein Maßstab. Eine 2:12 wird er für das Halbfinale wohl schwimmen müssen, unter 2:10 dann, um überhaupt ins Finale zu kommen. Und schließlich ist — wie bei Poewe — auch noch der Anspruch, schnellster Deutscher über 100 m zu sein, um für die Lagen-Staffel nominiert zu werden.
Mit eventuellen Medaillenträumen, beschäftigt er sich allerdings nicht. „Es ist meine erste Weltmeisterschaft, da weiß man nie, was man erwarten kann“, versichert er. Zeit zum Nachdenken blieb ihm zuletzt allerdings mehr als sonst, denn nach bestandenem Abiturstress („Ich bin durchgekommen, über den Schnitt sprechen wir nicht.“) kann er sich nun voll auf den Schwimmsport konzentrieren. Das kann auch Sarah Poewe, die nach ihrem Besuch bei der Fürstenhochzeit in Monaco allerdings immer noch von jedem gefragt wird, wie es denn war. In Bezug auf ihren Sport kommt die Antwort schnell: „Es war gut, mal an etwas Anderes denken zu können.“