WSV-Fans „Aktive Gegengerade“ setzt Zeichen für gewaltfreie Fankultur
Wuppertal · Seit gut fünf Jahren unterstützt die Gruppe den Wuppertaler SV bei Heimspielen und auch darüber hinaus bei der Image-Pflege.
Sie kennen sich seit vielen Jahren, bilden aber keinen eingetragenen Fanclub. Sie eint die Liebe zum Verein und der gemeinsame Platz im Stadion am Zoo: Die Mitglieder der Gruppe „Aktive Gegengerade Wuppertal“ (AGW) sind ein harter Kern von 15 bis 20 Personen, die eben die Gegengerade zu ihrem Lieblingsplatz im Stadion gewählt haben. Vor etwa fünf Jahren beschloss die Schar der dortigen Stammplatzgucker, noch enger zusammenzurücken.
„Wir wollen dafür sorgen, dass der WSV von außen positiv wahrgenommen wird“, sagt Claudio Caira (50), der schon seit Jahrzehnten WSV-Fan ist und wie alle anderen Anhänger die Gegengerade schlicht „aus jahrelanger Gewohnheit“ aufsucht. Daniel Hillen (32), ebenfalls langjähriger Stadiongänger, ergänzt: „Unser Hauptanliegen ist, den Stadionbesuch für Fans freundlicher zu gestalten, auch für Familien.“
Erstmalig in Erscheinung trat der bunte berufliche Mix aus Studenten, Außendienstlern, Sozialarbeitern, gewerblichen Angestellten, Lehrern und Erziehern mit dem noch zu Oberliga-Zeiten erfolgreichen Protest gegen einen Würstchen-Pavillon, den man ihnen auf der Gegengeraden vor die Nase gesetzt hatte, wie sich Caira erinnert. „Seitdem werden wir vom Verein wahrgenommen“, sagt er.
Um die Wuppertaler Stadtgesellschaft mit dem Wuppertaler SV zu verbinden, engagiert sich die Gruppe auch im sozialen Bereich. Enge Bande gibt es mit dem Altenheim der Feuchter-Stiftung, deren Bewohner sie auch schon bei einem Stadionbesuch betreuten. In der Alten Feuerwache an der Gathe renovierten die Fans einen Raum der dortigen Kindertagesstätte. Und einen blinden WSV-Fan begleiteten sie ebenfalls bei einem Heimspiel. Zudem halfen sie bei der Gestaltung des Kindertags im Stadion und sammelten Spenden für karitative Zwecke. Intern werden auch Bustouren zu Auswärtsspielen organisiert, um die Mannschaft zu unterstützen.
Präsenz im Stadion am Zoo zeigt die AGW durch kleine, aber durchaus originelle Choreographien wie zum Beispiel eine „Pac-Man-Show“ mit Doppelhaltern, bei der der WSV die anderen Clubs der Regionalliga sinnbildlich „auffraß“. Aus Protest gegen Fußballspiele an einem Montagabend bastelte die Gruppe zum Heimspiel gegen Essen einen Sarg, mit dem die Fankultur symbolisch zu Grabe getragen wurde. Großen Wert legt die AGW auch darauf, dass sie sich als Teil der vom Verein gern genannten „rot-blauen Einheit“ versteht und keinesfalls spaltend auftreten will.
Neben dem sozialen Engagement und der Verbesserung des Fan-Images hat die AGW aber auch ein Auge auf die Vereinspolitik. „Viele von uns sind Mitglieder des Vereins. Deshalb kümmern wir uns nebenbei auch um vereinsinterne beziehungsweise vereinspolitische Sachen, da dies schlichtweg unser Recht und in gewisser Weise auch unsere Pflicht ist“, sagt Hillen.
Obwohl ihr Verein finanziell nicht auf Rosen gebetet ist, wollen die AGW-Fans auf gar keinen Fall einen Rückfall in alte Zeiten. Ein reicher Russe wie beim Drittligisten KFC Uerdingen wäre jedenfalls nicht gewünscht. Käme ein Großsponsor, könne der zwar mitreden, aber keinesfalls als Alleinherrscher auftreten.
Rein sportlich beurteilt die AGW das abgelaufene Jahr als „durchwachsen“. Dass Torjäger Christopher Kramer den WSV verlassen wird, scheint bei der Gruppe als sehr wahrscheinlich. „Sollte er bleiben, wäre das ein Traum, denn sportlich wie menschlich ist das ein super Typ“, sagt Caira.
Sorgen, dass sich durch einen aktuell diskutierten Umbau des Stadions etwas am „großen Dazugehörigkeitsgefühl“ (Hillen) ändern könnte, haben die Fans nicht. „Es ist gut, dass etwas passiert mit dem Stadion, und ich denke, das würde mehr Zuschauer anziehen“, sagt Caira. Zuwächse auf einer dann runderneuerten Gegengeraden wären jedenfalls zur weiteren Stärkung der gewaltfreien und kritischen WSV-Fankultur willkommen. Sie sind es auch jetzt schon.