Familienvortrag Mit Sketchen und einem Quiz geht es in die Gerichtswelt
Wuppertal · Der Familienvortrag in der Junior Uni bot Einblicke in den Alltag von Richtern und Anwälten – auf spielerische Art und Weise.
„Wer von euch meint, der Richter hat immer recht?“, eröffnet Dr. Annette Lehmberg, Präsidentin des Landgerichts Wuppertal, den Familienvortrag am Sonntagmittag. Keine Meldungen. „Na, ihr habt ja Vertrauen!“ Drei- bis viermal pro Semester lädt die Junior Uni zu Vorträgen von Experten aus Wissenschaft und Praxis, die komplexe Themen für Groß und Klein anschaulich herunterbrechen. Im Rahmen des Besuchs von Annette Lehmberg und Arnim Kolat, Richter und Pressesprecher des Landgerichts, lernten die jungen Zuhörer diesmal nicht nur, wer außer den Richtern noch auf der Wuppertaler Gerichtsinsel arbeitet und warum es manchmal so schwierig ist, zu entscheiden, ob jemand schuldig ist oder nicht. Sie konnten außerdem eine echte Richter-Robe anprobieren und in einer kleinen Gerichtsverhandlung in die Rolle der Zeugen schlüpfen.
Was macht eigentlich ein Richter? „Streitereien klären“, heißt es im jungen Publikum, das vor den Stuhlreihen auf dem Boden Platz genommen hat, und „entscheiden, ob jemand ins Gefängnis muss“. Um diese Entscheidung fällen zu können, werden alle Informationen zum Fall in einer Akte gesammelt. „Die dickste Akte, die ich mal bearbeitet habe, war übereinander gestapelt so groß wie ich“, erzählt Lehmberg. Zu entscheiden, ob jemand schuldig ist, sei also oft mit einer Menge Arbeit verbunden. Dann schreibt der Richter das Urteil: „Wir können nicht einfach sagen, das ist so, sondern wir müssen das gut begründen“, erklärt Kolat und zeigt, wie so ein Urteil aussieht. Wichtig sei dafür vor allem herauszufinden, was wirklich vorgefallen ist. „Wir waren schließlich nicht selber dabei“, erinnert Lehmberg.
Die Kinder schlüpfen
selbst in die Rolle von Zeugen
Um zu zeigen, wie schwierig diese Beurteilung ist, stellen die Experten eine Zeugenvernehmung nach, für die zunächst eine Unfallflucht auf der Leinwand gezeigt wird. Im Anschluss berichten zwei freiwillige Zeugen – neun und zehn Jahre alt, von Beruf Schüler, wohnhaft in Wuppertal und mit dem Fahrer weder verwandt noch verschwägert – Richter Kolat und zwei Nachwuchsschöffinnen, die den Film nicht gesehen haben, nacheinander vom Tathergang. Doch zuerst werden sie belehrt, dass sie keine Falschaussage machen dürfen – wie am echten Gericht. „Das heißt, ihr müsst alles erzählen, was ihr gesehen habt“, erklärt Kolat. „Und wenn ihr euch nicht sicher seid, müsst ihr das sagen.“ Obwohl die beiden Zeugen sich verschiedene Details eingeprägt haben, sind sie sich bezüglich der entscheidenden Frage einig: Wenn der Fahrer behaupten würde, den Unfall nicht bemerkt zu haben, würden sie ihm das nicht glauben. Das Fazit von Lehmberg und Kolat: „Wir auch nicht!“
Nach einigen Beispielen dazu, wie man Gesetzestexte anwendet und einem Quiz darüber, welches von drei kuriosen Gesetzen über Bienenschwärme sich die beiden Juristen ausgedacht haben, ist Zeit für Fragen des aufmerksamen Publikums. Die Nachwuchsjuristen und ihre Eltern wollen wissen, ob Richter bei den vielen Gesetzen eigentlich den ganzen Tag auswendig lernen müss(t)en, was passiert, wenn ein Richter selbst eine Straftat begeht, und nicht zuletzt, wie Richter es schaffen, immer neutral zu bleiben. „Das ist die größte Herausforderung in unserem Job“, ist Lehmberg sich sicher. Vor allem bei Straftaten, bei denen Kinder im Spiel sind, sei das nicht immer einfach, aber nicht weniger wichtig. „Natürlich haben wir nicht immer recht“, lautet Annette Lehmbergs Fazit auf ihre anfängliche Frage. Zwar seien sie gut ausgebildet und erhielten bei ihren Entscheidungen Hilfe – aber Richter seien eben auch nur Menschen.