Kampf gegen Extremismus Muslimische Gemeinden in Wuppertal: Friedlicher Glaube statt Hasspredigten
Wuppertal · Klärungsgespräche: Salafisten haben in den muslimischen Gemeinden keine Lobby, betont Samir Bouaissa.
Islamistischer Extremismus hat in den muslimischen Gemeinden in Wuppertal keine Lobby. Das hat Samir Bouaissa, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in NRW und Mitglied des Interessenverbands Wuppertaler Moscheen, bei einem Gespräch mit einer Vohwinkeler Gemeinde deutlich gemacht.
Wie die Westdeutsche Zeitung Mitte April berichtete, war der national bekannte Salafist Marcel Krass in den vergangenen Monaten mehrmals in einer muslimischen Gemeinde in Vohwinkel zugegen gewesen und auf zwei Veranstaltungen als Redner aufgetreten. Krass ist nach Angaben des Verfassungsschutzes für das Land Baden-Württemberg 1995 mit 18 Jahren zum Islam konvertiert und in Organisationen aktiv, die dem islamistischen Extremismus zugeordnet werden. Angefragt hatte ihn ein junger Imam. „Dass ohne Rücksprache Überraschungsgäste eingeladen werden, ist künftig ausgeschlossen“, sagt Mohammed Shoumani von der Al-Nur-Moschee und stellt klar: „Mit Hasspredigern wollen wir nichts zu tun haben.“ Bei der Aktion sei die Verantwortung der Gemeinde unterlaufen worden. Deshalb sei es wichtig gewesen, dass „wir uns zusammensetzen und darüber sprechen“.
Der Ansatz aus den jungen Reihen der Gemeinde sei gewesen, „die Jugend an sich zu binden, weil sie oft auf Soziale Medien und Plattformen wie Tiktok fixiert sind“, sagt Samir Bouaissa. „Auch in den muslimischen Gemeinden interessieren sich junge Menschen für ihren Glauben“, betont er. Jede Gemeinde in Deutschland sei bestrebt, Alternativangebote zu den Sozialen Medien zu bieten. „Nur leider geht so etwas dann mitunter schief.“
Bouaissa suchte mit den Verantwortlichen der Gemeinde das Gespräch, zusammen mit der Polizei sowie Vertretern des Präventionsprogramms „Wegweiser“, das in der Verantwortung des NRW-Innenministeriums steht. Es wurde 2014 entwickelt und steht unter dem Motto „Stark ohne islamistischen Extremismus“.
Ziel sei es gewesen, dass der Vorstand der Gemeinde solchen Gästen keine Präsenz mehr verschafft. „Wichtig war uns, die Gemeinde zu sensibilisieren, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt.“ Der Leitung sei offenbar nicht bewusst gewesen, wer Marcel Krass ist.
Die Gemeinde ist eine freie Gemeinde, die keinem Verband angehört. „Insgesamt haben aber auch sie zu wenig personelle Ressourcen“, so Samir Bouaissa. Oft sei der Imam der einzige hauptamtliche Mitarbeiter. „Alle anderen sind ehrenamtlich tätig.“ Die Gemeinde finanziere sich durch Spenden, „um den Betrieb der Moschee zu sichern, den Imam zu bezahlen und Angebote zur Verfügung zu stellen“.
Anlaufpunkt sei vor allem das Freitagsgebet. Hinzu komme der Religionsunterricht. „Aber in der Pädagogik wollen wir friedlich aufeinander zugehen. Eine politische Komponente ist nicht vorgesehen“, sagt Mohammed Shoumani. Daneben gebe es Jugendtreffs und sportliche Aktivitäten, ergänzt Bouaissa. Auf diese Weise müssten nicht Populisten, sondern die Gemeinden selbst die jungen Menschen erreichen.
Ein Problem liege allerdings auch in der sprachlichen Barriere. „Viele Imame sind türkisch- oder arabischsprachig. Dadurch stellen sie keinen Bezug zu manchen jungen Menschen her, wenn diese aus Marokko stammen und nicht Arabisch sprechen, sondern zu den Berbern gehören, die ein Drittel der marokkanischen Bevölkerung ausmachen.“ Sprache sei eine Grundlage. „Und wenn viele den Imam nicht verstehen, fühlen sie sich entwurzelt.“