Neues Format des Sinfonieorchesters Wuppertal erlebt furiose Premiere: Besucherandrang sprengt die Kapazitäten des Großen Saals Wuppertaler Publikum badet im Klang der Musik
Neues Format des Sinfonieorchesters Wuppertal erlebt furiose Premiere: Besucherandrang sprengt die Kapazitäten des Großen Saals.
Die Premiere von „Hautnah“, dem neuen Format des Sinfonieorchesters Wuppertal, ist am Mittwoch förmlich überrannt worden: Schon eine Stunde vor Beginn des Konzerts strömen viele Menschen auf den Johannisberg, um Filmmusik auf ungewohnte Weise zu erleben. Während im Großen Saal der Historischen Stadthalle noch geprobt wird, drängen sich in der Wandelhalle bereits die Besucher, um das Sinfonieorchester „hautnah“ erleben zu können. „Welche Perspektive darf es sein?“, heißt es in den Flyern, und ein Saalplan zeigt, wo welche Instrumente platziert sind.
Nach diesem Plan, den Pressesprecher Yannick Dietrich ausgeklügelt hat, sitzen die Musikerinnen und Musiker verteilt im Saal. Hinten links drei Posaunen, rechts die Trompeten, überall mittendrin Violinen, rechts die Harfe, zwischen zwei Kontrabässen befindet sich die Tuba. Alle 70 Musiker sitzen wie verstreut auf ihren Plätzen, als um 19 Uhr das Publikum in den Saal strömt.
Wegen des riesigen Besucheransturms wird die Galerie geöffnet, und auch die Orgelempore, auf der sonst Chöre sitzen, ist komplett gefüllt. Draußen warten noch immer viele Besucher, das Team der Stadthalle bemüht sich, für jeden einen Platz zu finden. Bis eine Lautsprecherdurchsage – mit hörbarem Bedauern in der Stimme – verkündet, dass alle Plätze besetzt seien und es aus Sicherheitsgründen keine Stehplätze geben könne. Gut 200 Menschen mussten abgewiesen werden.
Dann erscheint Patrick Hahn und wird mit großem Jubel empfangen. Die Stimmung ist beinahe wie im Fußballstadion. Alle Generationen sind zahlreich vertreten, viele Kinder und junge Leute sind gekommen. Während des Einstimmens der Instrumente klingen Kinderstimmen durch den Saal, dann startet das Orchester mit strahlender sinfonischer Musik und im Publikum herrscht atemlose Stille. Fasziniert lauschen die Besucher den Klängen. In unmittelbarer Nähe zu einem Instrument schauen sie genau hin, wie der Klang entsteht, und erleben es hautnah. Die Streicher weben einen feinen Klangteppich, vorn und hinten erklingen Trommel, Pauke und Becken. Überall im Saal sieht man staunende und strahlende Gesichter.
Das ist großes Kino, das ist bekannte Filmmusik, aber (noch) nicht aus „Star Wars“, sondern aus dem Dinosaurier-Film „Jurassic Park“, komponiert von John Williams. „Es ist mir eine Riesenfreude, Sie in dieser wunderschönen Historischen Stadthalle begrüßen zu können“, wendet sich Patrick Hahn dem Publikum zu. „Wir haben keine Ahnung, auf was wir uns heute Abend einlassen. Genießen Sie den Moment und erzählen Sie es weiter.“
Feierlich und intergalaktisch erklingt das „Star Wars“-Thema, die sinfonische Filmmusik, die den „Krieg der Sterne“ zu einer Art „Weltraumoper“ gemacht hat. Die Menschen sitzen mitten im Klang, können darin baden und genießen. Obwohl die Instrumente verteilt und manche sogar einzeln sitzen, wird der von John Williams komponierte berühmte Soundtrack zu einem fulminanten harmonischen Orchesterklang. Patrick Hahn und die Musiker haben sichtlich Freude an dem für sie völlig neuen Experiment.
Auch die Musiker genießen
das Experiment
Das Spielen ist allerdings durch die Verteilung im Raum sehr erschwert. „Man hört fast nix, und wenn man’s hört, ist es zu spät“, beschreibt Hahn, wie aufregend das Zusammenspiel auf große Entfernung ist. „Aber jetzt ist alles anders, weil Sie da sind“, sagt er und meint die dadurch entstandene gute Akustik. Dann erklingt wunderschön lyrisch das Thema von Prinzessin Leia. Ein Flötensolo beginnt, immer mehr Instrumente stimmen ein, Harfenklänge bringen Leias Schönheit zum Ausdruck, viele kleine Instrumenten-Soli folgen.
Generalmusikdirektor Patrick Hahn moderiert, bezieht das Publikum mit ein und stellt die Instrumentengruppen vor. „Wie ist es für Sie, wenn die Kollegen weit weg sind?“, fragt er einige Musiker. „Ich höre nichts, aber ich habe einen schönen Platz mit gutem Blick auf den Dirigenten“, erwidert Soloflötistin Catarina Laske-Trier. „Ich glaube, es funktioniert ganz gut.“
Der Meinung ist das Publikum auch. Viele sprechen nach dem Konzert von „Gänsehautmomenten“, von einer „unbeschreiblich schönen Atmosphäre“ und sind hellauf begeistert von der Musik, deren Dramatik und Leitmotive durchaus Ähnlichkeit mit denen von Richard Wagner haben. Ob die Musik von Yoda, Leia oder Darth Vader erzählt, es ist ein großer Hörgenuss, der auch die vielen Zuhörer erreicht, die bisher noch nie ein Konzert des Sinfonieorchesters besucht haben. Am Ende gibt es vom Publikum riesengroßen Applaus, Jubel und Standing Ovations. Als Zugabe erklingt der kraftvolle „Imperial March“, das Darth Vader-Thema. „Es passte alles“, freut sich Yannick Dietrich nach der überaus gelungenen Premiere des Konzertformats.
Patrick Hahn ist begeistert, dass das neue Format so gut angenommen wurde und die Premiere prima geklappt hat. In der nächsten Spielzeit möchte er das „hautnahe“ Format gern wieder unterbringen.